Der Wirbel um Windhorst betrifft auch Hertha BSC
Etwas mehr als zwei Wochen ist es jetzt her, dass Lars Windhorst Twitter für sich entdeckt hat. Ganz richtig ist das nicht. Windhorst hat sich bereits im Oktober 2017 bei dem Kurznachrichtendienst registriert, aber fast vier Jahre lang war er ausschließlich passives Mitglied.
Erst am 20. Juni 2021 hat sich Windhorst zum ersten Mal selbst mit einem Tweet zu Wort gemeldet. Seitdem tut er das einigermaßen regelmäßig, weil, wie er schreibt, leider „immer wieder Dinge über mein Unternehmen und mich berichtet“ würden, „die ich nicht unkommentiert lassen kann und will“.
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Mit dem Kommentieren hat Windhorst im Moment einiges zu tun, denn die unerfreulichen Nachrichten über ihn und sein Unternehmen, die Tennor Group, häufen sich. In den vergangenen Tagen war in diversen Medien davon die Rede, dass Windhorst die vereinbarte Rate an den Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC schuldig bleiben könnte; dass ihn insgesamt 2,5 Milliarden Euro Schulden plagten, die nun umgeschichtet werden sollten und dass – zu schlechter Letzt – die Finanzaufsicht Bafin sogar Strafanzeige gegen ihn gestellt habe.
Das alles bedient exakt das Bild, das sich die Öffentlichkeit schon länger von Windhorst gemacht hat, vom einstigen Wirtschaftswunderkind der Helmut-Kohl-Jahre, der schon als Teenager nichts lieber getan hat, als Geld zu scheffeln; dessen Biografie aber eben, inklusive einer Privatinsolvenz, keineswegs eine durchgängige Erfolgsgeschichte ist.
Windhorst hält bald zwei Drittel an Hertha BSC
An dem Tag, an dem die Nachricht mit der Strafanzeige auf den Markt kam (die Windhorst bei Twitter als alten Hut bezeichnete), hatte Windhorst zunächst noch Erfreuliches verkünden können. Seine noch ausstehenden 35 Millionen Euro waren auf dem Konto von Hertha BSC eingegangen. Knapp 30 Millionen sollen Mitte August folgen, dann hätte Windhorst für insgesamt 374 Millionen Euro 66,6 Prozent der Anteile an der Hertha BSC Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) erworben.
Dass ein Finanzjongleur wie er in den Fußball strebt, ist nicht ungewöhnlich. In den vergangenen Jahren – bis zum Ausbruch der Coronapandemie – ging es für den durchkommerzialisierten Profifußball eigentlich nur nach oben. Und das offenbar immer schneller. So etwas weckt natürlich Begehrlichkeiten bei denen, die nach neuen Renditemöglichkeiten suchen.
In Deutschland ist der Einfluss von Investoren auf den Profifußball im Vergleich zu England oder Italien noch vergleichsweise gering. Das liegt an der sogenannten 50+1-Regelung, nach der die Mehrheit der Stimmanteile in der Hand der Vereine verbleiben muss. Das gilt auch für Hertha BSC. Obwohl Windhorst zwei Drittel der KGaA besitzt, liegt die Entscheidungsbefugnis weiterhin beim Verein als Komplementär.
Eine solche Konstruktion schreckt Investoren in der Regel ab. Denn wer zahlt, will auch bestimmen, was mit seinem Geld geschieht. Theoretisch ist es natürlich möglich, dass Windhorst mit seinem Einstieg bei Hertha auf eine non-monetäre Rendite spekuliert hat, auf einen Imagegewinn als großzügiger Gönner des Vereins.
Windhorst hat Hertha vor sich hergetrieben
Nach allem, was man über ihn weiß, ist es zwar nicht so, dass er die Öffentlichkeit mit aller Macht meidet. Aber an erster Stelle steht bei Lars Windhorst etwas anderes. Er hat wohl eher auf die normative Kraft des Faktischen gesetzt, gehofft, sich die Abhängigkeit Herthas von seinem Geld zunutze machen zu können. Mit seinen Einlassungen zu sportlichen Themen und auch unrealistischen Zielvorgaben hat er den Verein zeitweise vor sich hergetrieben. Selbst als er im vergangenen Jahr einen Aufschub für die vereinbarten Zahlungen erbat, ist das aus seinem Umfeld noch in eine Kritik an der angeblich zu unambitionierten Politik der Vereinsführung umgedeutet worden.
Hertha BSC könnte das alles ziemlich egal sein. Das Geld ist – zumindest in großen Teilen – da. Es hat den finanziell notorisch unterversorgten Klub in der Coronakrise vermutlich sogar vor größeren Verwerfungen bewahrt. Aber Lars Windhorst hat sich eben nicht mit der Rolle des stillen Teilhabers begnügt. Er hat sich eingemischt und wird auch künftig immer mit Hertha BSC identifiziert werden. Und umgekehrt ist es genauso.