Der Rowohlt Verlag verliert bekannte Autoren

Vor ein paar Tagen erst ließ der Hamburger Rowohlt Verlag in einer nicht gerade kurzen Mitteilung wissen, dass im kommenden Herbst, Ende November, Cormac McCarthys „seit langem erwarteter“ Doppelroman „Der Passagier“ und „Stella Maris“ erscheinen wird. Rowohlt-Verlegerin Nicola Bartels feiert in der Ankündigung beide Romane „als das schriftstellerische und philosophische Vermächtnis eines der Größten der US-amerikanischen Literatur“.

So wie die Bücher von McCarthy geradezu naturgemäß in einer deutschen Übersetzung beim Rowohlt Verlag erscheinen, ist es bislang auch mit denen von Jonathan Franzen gewesen. Franzen muss man nicht nur ebenfalls zu einem der größten Autoren der gegenwärtigen US-Literatur zählen, sondern zudem zu einem der populärsten.

Anders als Cormac McCarthy ist er seit seinem Roman „Korrekturen“ hierzulande ein Bestsellerautor, auch der vergangenes Jahr erschienene Franzen-Roman „Crossroads“, der erste Teil einer Trilogie, stand wochenlang in den Bestsellerlisten. 

Cormac McCarthy bleibt

Umso schmerzhafter ist es für Rowohlt, dass es damit jetzt vorbei ist. Wie die “Literarische Welt” in ihrer aktuellen Ausgabe vermeldet, erscheinen Franzens Bücher jetzt beim Münchener Verlag dtv, mitsamt der Backlist, also auch zukünftigen neuen Taschenbuchausgaben.

Doch nicht nur Franzen wechselt von Hamburg nach München. Auch Jeffrey Eugenides, der mit „Middlesex“ gleichzeitig wie Franzen einem größeren deutschen Publikum bekannt wurde, sowie der Georg-Büchner-Preisträger Martin Mosebach sind ab sofort bei dtv beheimatet. Dazu heißt es, dass auch die langjährigen Rowohlt-Autoren Eugen Ruge und Ijoma Mangold den Verlag verlassen.

Man muss bei diesem ungewöhnlich großen Autorenaderlass wohl von einem Beben sprechen, bei Rowohlt; gerade bei Franzen hatte man das Gefühl, der gehört genauso zu Rowohlt wie Schriftsteller-Klassiker wie Ernest Hemingway oder Vladimir Nabokov.

Und wohl ein Coup ist es, den der in den vergangenen Jahren massiv sich verstärkende und sein literarisches Programm stetig ausbauende dtv-Verlag hier gelandet hat.

Laugwitz ging zuerst zu dtv, ihr folgte Alexander Fest

Wobei die Wechsel der Autoren fast folgerichtig und gar nicht mal so überraschend sind. Denn in den vergangenen anderthalb Jahren war dasselbe auf der verlegerischen Ebene passiert: Zunächst hatte sich 2020 die ehemalige Rowohlt-Verlegerin Barbara Laugwitz über eine Zwischenstation in Berlin beim Ullstein Verlag auf den Weg nach München zu dtv gemacht.

Sie war 2018 von den Verantwortlichen des Holtzbrinck-Konzerns, zu dem Rowohlt gehört, trotz erfolgreicher Tätigkeit ihres Posten enthoben worden, damit Florian Illies ihr nachfolgen konnte. (Illies blieb dann nur kurze Zeit).

Und dann folgte im Sommer des vergangenen Jahres Laugwitz auch ihr langjähriger Rowohlt-Vorgänger Alexander Fest zu dtv, als „beratender Verleger, wie es hieß. Er war zuvor noch Editor-at-Large bei Rowohlt gewesen und hatte Ende der neunziger Jahre Franzen und Eugenides geholt, genauso wie später Daniel Kehlmann, der von Suhrkamp kam und bei Rowohlt mit „Die Vermessung der Welt“ eines der erfolgreichsten, über eine Million mal verkauften Bücher der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur veröffentlichte.

Aber nicht nur Fest folgte Laugwitz: Auch die langjährige Lektorin Ulrike Schieder zog es nach München. Bei der intensiven Bindung, die Autorinnen und Autoren gerade zum Lektorat haben, ist das ebenfalls ein Signal gewesen für das, was jetzt folgte. Für den Rowohlt Verlag sind diese Autorenabgänge ein schwerer Verlust.