“Dass Frauen mit Fußball Geld verdienen können, hatte ich als kleines Mädchen nie im Sinn”
Frau Rinast, am Donnerstag wurde in Köln die Karnevalssaison eröffnet. Steffen Baumgart trainierte seine Mannschaft im Einhorn-Kostüm. Als was waren Sie verkleidet?
Zusammen mit drei Mitspielerinnen waren wir die holländischen New Kids.
Sie machen auch sonst kein Geheimnis aus ihrer Liebe zur Stadt Köln.
Ich glaube, das liegt auch ein bisschen an meiner Patentante, die Urkölnerin ist. Als ich klein war, haben wir sie viel besucht und für mich war das immer der beste Urlaub. Hier gab es Spielplätze, die Seilbahn, den Rhein und den Zoo. Ich hatte also nur schöne Erinnerungen und als ich dann anfing, hier zu leben, da war es direkt um mich geschehen. Ich glaube, hier werden sogar Leute, die nichts mit Fußball zu tun haben, zu Fußballfans.
Sie wirken sowohl wie eine Kölnerin als auch wie eine waschechte Norddeutsche. Und wenn sie für das Nationalteam spielen, sind Sie Schweizerin. Wie funktioniert das?
Da brennen drei Herzen in meiner Brust. In Norddeutschland bin ich aufgewachsen, da weiß ich genau, wie ich mich zu verhalten habe. Köln ist einfach so, wie ich bin, deshalb fühle ich mich hier wahrscheinlich am wohlsten. Und die Schweizer haben mich toll aufgenommen und wenn man für die Nationalmannschaft spielt, dann ist das etwas Besonderes. Bei der EM war ich schon mehr für die Schweiz als für die Deutschen.
Mit 30 Jahren haben Sie schon einiges gesehen. Was hat sich verändert, seitdem sie mit vier Jahren vom Ballett zum Fußball kamen?
Im Frauenbereich hat sich einiges zum Guten gewandelt. Dass Frauen mit Fußball Geld verdienen können, hatte ich als kleines Mädchen niemals im Sinn, eben weil es damals auch nicht möglich war. Ich hatte auch nicht die Möglichkeit, eine Spielerin als Vorbild zu haben, weil ich gar nicht wusste, dass sie existieren. Als junges Mädchen wäre es natürlich schön gewesen, sagen zu können: „Hey, da gibt es Frauen, die machen genau das Gleiche wie die Männer. Das ist cool. Das kann ich auch schaffen.“ Das ist heute natürlich anders. Trotzdem kann da noch mehr passieren, gerade was Frauen in Führungspositionen betrifft. Dann würde sich der Fußball vielleicht mal wieder in eine bessere Richtung entwickeln.
Trotz der positiven Entwicklung gibt es noch immer frauenfeindliche Sprüche.
Ja, natürlich gibt es auch solche Sprüche. Die gibt es aber überall und wird es leider auch immer geben.
Wie geht Frau damit am besten um?
Ich werde es mir jetzt nicht zu meiner Mission machen, irgendwelche respektlosen Menschen zu missionieren. Aber man kann versuchen, einigen, die das scheinbar noch nicht wissen, aufzuzeigen, dass Frauen doch einiges drauf haben.
Welches Vorurteil geht Ihnen besonders auf die Nerven?
Es wird immer wieder der gleiche Quatsch ausgepackt. Frauenfußball könne nicht funktionieren, koste nur Geld und niemand wolle ihn sehen. Das nervt mich, weil es einfach so stark in manchen Köpfen verankert ist, dabei ist es einfach nicht wahr. Ich gehe aber davon aus, dass sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren einiges ändert und ich hoffe, dass Deutschland mitzieht.
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Auch Sie haben sich aber schon selbst dabei erwischt, so zu denken.
Ja genau, wir selbst sagen auch manchmal diese Sprüche. Aber warum? Weil wir so aufgewachsen sind und das irgendwann zu einem Selbstschutz wurde. Bevor ein anderer blöde Sprüche sagt, sage ich sie lieber selbst. Aber damit habe ich jetzt aufgehört und bin mir meiner Sprache viel bewusster. Und ich versuche, Leute drauf hinzuweisen, dass gewisse Sachen halt einfach diskriminierend sind.
Sie sind Fußballerin, Stand-up-Comedian, Sängerin, Podcasterin und studieren Lehramt. Wie bekommen Sie all das hin?
Ich bin gerade im Praxissemester an der Schule und muss parallel noch ein Studienprojekt manchen, was viel Zeit und Nerven kostet. Wir hatten gestern ein Seminar und da haben ein paar Kommilitonen gesagt, dass sie total am Stock gehen, weil es so viel ist. Da habe ich nur gedacht: Wenn ihr wüsstet. Ich fühle mich aber auch nicht wohl, wenn ich die anderen Dinge nicht mache und nur Fußball spiele. Nichtstun stresst mich am allermeisten. Stand-up war eine neue Geschichte und das hat mir dann total Bock gemacht, deswegen kann ich mir auch vorstellen, das weiterzumachen.
2018 lösten sie nach nur fünf Spielen ihren Vertrag in Freiburg auf. Sie sagten, sie hatten den Spaß am Fußball verloren. Warum?
Ich wollte aufhören. Körperlich war alles top, aber psychisch hatte ich immer mal wieder Tiefen, in denen ich dachte, jetzt kann ich nicht mehr. Ich habe zuvor so viele Abstiege mitgemacht. Das war hart. In Freiburg hat sich das dann alles gesammelt. Es war einfach nicht der richtige Verein und nicht die richtige Stadt für mich.
In Israel fanden sie die Liebe zum Sport wieder. Warum ausgerechnet dort?
Meine Mitspielerin Sharon Beck meinte: „Bevor du aufhörst mit Fußball, dann geh doch mal ins Ausland.“ Ich wollte keinen Leistungsdruck mehr und wusste nicht mal, dass es in Israel eine Liga gibt, in der man Geld verdienen kann. Und abgesehen davon ist Tel Aviv auch einfach eine krasse Stadt. Es war genau das Richtige für mich. Die Menschen sind positiv, dort steht das Leben im Vordergrund. Also ein bisschen wie Köln – nur mit Sonne und Meer.
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Nach Köln ging es dann auch wieder zurück. Im Sommer stieg der FC wieder in die Bundesliga auf. Die meisten Aufsteiger tun sich schwer in der neuen Liga. Warum reicht es trotzdem zum Klassenerhalt?
Ich bin mir sich, dass es dieses Mal klappt. Schon beim letzten Mal war es sehr knapp und wir sind nur wegen des schlechteren Torverhältnisses abgestiegen. Wir sind einfach sehr gut besetzt und spielen auch besseren Fußball.
Vor zwei Wochen behielt Turbine im Pokal die Oberhand. Wie geht es nun aus?
Wir wollen eine Revanche. Turbine ist natürlich eine Top-Mannschaft und sicher Favorit, aber es gibt auf jeden Fall Möglichkeiten für uns. Schon das Pokalspiel hätten wir nicht verlieren müssen.