Das Freiburger Barockorchester im Konzert: Ein nordischer Sommernachtstraum
Es kreucht und fleucht so allerhand herum im Zauberwald. Elfen jagen Fledermäuse, töten Raupen, vertreiben Schlangen, Molch und Igel. Natürlich singt auch die Nachtigall in solch einer Sommernacht. Das Kribbeln und Knistern, Rascheln und Raunen des winzigen Elfenvolks hat niemand plastischer in Töne gefasst als Felix Mendelssohn Bartholdy in seiner Schauspielmusik zu Shakespeares „Sommernachtstraum“.
Wenn die Violinen vom Freiburger Barockorchester nach den drei magischen, von leuchtenden Blockflöten bekrönten Anfangsakkorden auf Darmsaiten zu wispern beginnen, dann stellt sich genau diese zauberhaft unwirkliche Atmosphäre ein. Die zunächst ein wenig nervös flatternde Feingliedrigkeit beruhigt Dirigent Pablo Heras-Casado mit großen Bögen, wahrt bei aller Detailfreude den spannungsvollen Zusammenhang.
Durch Mark und Bein
Ganz neu erscheinen die bekannten Nummern im fragilen Klanggewand „historischer“ Instrumente: Oberons Horn fährt durch Mark und Bein; straff und scharfkantig vereint der Hochzeitsmarsch die endlich zusammengerauften Paare; der Trauermarsch mit skurrilen Klarinetten tönt gar wie Gustav Mahlers „Bruder Jakob“ aus der 1. Sinfonie. Hier tragen sich Pyramus und Thisbe gegenseitig zu Grabe – sein eigenes Drama „Romeo und Julia“ nimmt Shakespeare damit auf die Schippe.
Damen vom RIAS-Kammerchor mit dem zarten Sopran von Mi-Young Kim und dem deftigeren Mezzo von Anne Schaumlöffel besingen die Zauberblume, die denjenigen zum Liebesobjekt macht, den man beim Aufwachen zuerst erblickt. Puck, des Elfenkönigs Oberons Hofnarr, berührt damit natürlich die falschen Leute. Als launiger Conferencier führt Puck alias Max Urlacher durch die romantische Komödie, liebevoll, ironisch, witzig, verzweifelt.
Er kann sogar wie eine Stute wiehern oder wie ein Löwe brüllen, mal mit Papierkrone Oberon oder täppischer Handwerker sein. Den Shakespeare-Text in Schlegels poetischer Übertragung versetzt er mit neueren Fassungen und spinnt sie in eigener Adaption in unseren Alltag fort – da bekommt auch das Berliner Publikum sein Fett weg. Ein besseres findet sich vielleicht in Stratfort-upon-Avon.
Weil gerade das „Nordic Lights Festival“ in Berlin begonnen hat und die besten skandinavischen Kammerorchester in der Stadt sind, kippte man kurzerhand Schubert aus dem Programm – nun soll Edvard Griegs Suite „Aus Holbergs Zeit“ Mendelssohn das Pendant bieten. Streicher vom Drottningholm Barock Ensemble, Finnish Baroque Orchestra, Concerto Copenhagen und Barokkanerne vereinen sich mit den Freiburgern zum frisch und prägnant aufspielenden Klangkörper, sodass das auf barocke Tanzmuster zurückgreifende Werk ebensoviel Zustimmung erhält wie Mendelssohn.