Das Erfolgsgeheimnis des SC Freiburg
Die Freiburger wollten gar nicht mehr in die Katakomben des Volksparkstadions zurück und feierten noch weit nach Abpfiff mit den rund 6000 mitgereisten Fans. Mit dem 3:1-Sieg über den Hamburger SV im Halbfinale des DFB-Pokal hatte der Sportclub am Dienstagabend Historisches geschafft.
Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte erreichte das Team von Christian Streich ein Pokalfinale. Und dass selbst Streich sich im Anschluss an die Partie vom Freiburger Anhang nochmal gesondert feiern ließ, machte deutlich, wie groß die Freude auch bei ihm über diesen Erfolg war. Unter „Christian Streich, du bist der beste Mann“-Gesängen ging der Trainer schließlich als einer der Letzten vom Platz.
Dass er sich so feiern lässt, kommt nicht oft vor, sitzt oder steht er doch meistens am Rand und so gut wie nie im Mittelpunkt. So war es auch zunächst am Dienstagabend. Als sein Team dann irgendwann gegen 23.15 Uhr im Kabinentrakt verschwand, lief er aber doch nochmal zu den Fans zurück, verbeugte sich und machte die Welle. Ganz für sich, auf seine sympathische Weise und ohne viel Aufsehen.
Dazu passt auch seine Aussage nach dem Spiel auf die Frage, ob das der schönste Sieg seiner bisherigen Trainerkarriere gewesen sei. „Nein. Auch in der A-Jugend sind wir ein paar Mal ins Finale gekommen und das war auch außergewöhnlich“, sagte er. Streich wurde 2006, 2009 und 2011 Juniorenpokalsieger. Mit dabei waren damals schon Christian Günter, Jonathan Schmid und Nicolas Höfler.
Die Hamburger verlangten Freiburg alles ab
Doch nicht nur die Freiburger wurden für ihre Leistung nach Spielende bejubelt, auch die Hamburger erhielten großen Applaus. Schon während des Spiels vor ausverkauftem Haus mit 57.000 Zuschauenden wurde jede noch so kleine positive Aktion auf Seiten des HSV frenetisch gefeiert.
Auf dem Papier traf am Dienstagabend ein Team mit Europapokalambitionen auf eine Mannschaft, die wohl zum vierten Mal in Folge den Wiederaufstieg in die erste Bundesliga verpassen wird. Doch in der Realität prallten keinesfalls zwei Welten aufeinander.
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Natürlich war der Sportclub im Vorfeld klarer Favorit gewesen und wurde dieser Rolle letztendlich auch gerecht, doch die Hamburger hielten über das ganze Spiel gut mit und „verlangten“ dem Bundesligisten aus Freiburg alles ab, wie auch Streich meinte.
Freiburg demonstrierte dem HSV an diesem Abend einfach nur deutlich, wie weit man kommen kann, wenn man eine solch hohe Effizienz an den Tag legt. Nach den ersten zwei Torschüssen 2:0 zu führen ist eine Tatsache, die für sich spricht, wie auch HSV-Coach Tim Walter am Ende zugeben musste: „Man hat heute gesehen, dass vielleicht dann auch die effizientere Mannschaft Spiele gewinnt.“
Nach dem zweiten Treffer des Sportclubs wurde es bereits nach knapp zwanzig Minuten zum ersten Mal etwas leiser im Stadion und die Hoffnungen der Hamburger auf das erste Pokalfinale seit 1987 etwas kleiner. Viel mehr waren bereits jetzt „Wir fahren nach Berlin“- Gesänge aus dem Gästeblock zu hören.
Trotz des Rückstands gab der HSV nicht auf
Die Schlüsselszene des Spiels war wohl die in der 32. Minute, als Nico Schlotterbeck im HSV-Strafraum ausrutschte und dann unglücklich von Moritz Heyer am Kopf getroffen wurde. Streich regte sich wahnsinnig auf am Spielfeldrand, aber nicht etwa wegen des zunächst ausbleibenden Elfmeterpfiffs: „Ich hab nicht gesehen, ob es ein Elfmeter ist. Es war nur so, dass unser Spieler verletzt war und es war unser Innenverteidiger, daher hatte ich gehofft, dass das Spiel unterbrochen wird.“
Walter wurde indes etwas deutlicher: „Manchmal hat man halt weniger Glück und manchmal kommt dann noch Pech dazu“, sagte der Trainer zur strittigen Szene. Wäre es nach ihm gegangen, hätte der Videoschiedsrichter sich in diesem Fall nicht einschalten dürfen. „Es gibt andere Situationen, da wär es sinnvoll, wenn er sich einschaltet. Aber in dieser Situation war es, glaube ich, nicht korrekt“, haderte er mit der Entscheidung des Unparteiischen Deniz Aytekin.
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Trotz des deutlichen Rückstands gab der HSV zu keinem Zeitpunkt auf und drückte Freiburg in der zweiten Halbzeit hinten rein, was aber auch dem geschuldet war, dass der Sportclub sich ein wenig zurücknahm . Trotzdem stand die Defensive hinten sicher, ließ nur wenige Chancen zu und zeigte insgesamt eine sehr abgezockte Leistung.
Eben die Art und Weise, Fußball zu spielen, die auch das Erfolgsrezept der bisherigen Saison ist: aus einer kompakten Defensive ruhig und ideenreich nach vorne spielen. „Wir haben einen sehr guten Torwart, das hilft uns. Und sicherlich haben wir in dieser Saison auch im ein oder anderen Moment das nötige Glück“, sagte Streich.
Auch der Anschlusstreffer der Hamburger kurz vor Schluss durch Robert Glatzel reichte nicht aus, um das Spiel noch einmal spannend zu machen. „Der HSV hat so weitergespielt wie in der ersten Halbzeit. Das haben wir gewusst, weil sie das gnadenlos durchziehen, ihre Art und Weise zu spielen. Daher mussten wir die eine oder andere gefährliche Situation überstehen“, zollte Streich dem Gegner Respekt.
Am Ende gewann das reifere Team, das im Pokalfinale für jeden Gegner sehr schwer zu schlagen sein wird.