Comics auf der Frankfurter Buchmesse: „Das Visuelle wird immer wichtiger für das Storytelling“
Comics sollen auf der Frankfurter Buchmesse wieder einen größeren Auftritt bekommen. Und das nicht nur wegen des neuen Asterix-Albums, das am 26. Oktober erscheint und mit öffentlichen Präsentationen und Interviews seines Zeichner-Autoren-Duos auf der Messe beworben wird.
Darüber hinaus soll die Kunstform generell wieder eine stärkere Präsenz auf der Messe bekommen, die in diesem Jahr vom 18. bis 22. Oktober stattfindet und als die wichtigste Veranstaltung der deutschen Buchbranche gilt. Juergen Boos, der Direktor der Buchmesse, wurde kürzlich in Nachrichtenagenturen mit der Ankündigung zitiert, es werde in Frankfurt ab diesem Jahr „einen Schwerpunkt Comics geben, die insbesondere in Frankreich, Belgien und Japan einen Riesenmarkt bildeten“.
Buchmessen-Sprecher Torsten Casimir erklärt im Kurzinterview, was geplant ist.
Herr Casimir, wie soll der neue Comic-Schwerpunkt auf der Frankfurter Buchmesse aussehen?
In diesem Jahr nimmt die Frankfurter Buchmesse das Thema Comics nach längerer Zeit wieder in den Fokus. Der Schwerpunkt liegt auf dem Rechtegeschäft mit Comics und Graphic Novels. Dazu wird es ein Comics Centre als internationalen Gemeinschaftsstand in Halle 6.1 geben, wo Verlage und Agenturen einen Ort für ihr Rechtegeschäft haben. In direkter Nachbarschaft stellen Panini, KOCCA und andere Verlage an eigenen Ständen aus. Das Thema Comics / Manga findet sich auch in anderen Hallen. Mit Mediatoon aus Frankreich zum Beispiel ist einer der wichtigsten Player mit Lizenzen für Garfield, Lucky Luke und Batman mit an Bord. In Halle 3.0, stellt in diesem Jahr zum ersten Mal neben kleineren Anbietern aus der Manga/Cosplay-Szene Altraverse aus. Und mit der Deutschen Cosplay Meisterschaft am Sonntag und einer Mangaka-Aktion am Samstag stehen weitere Angebote für die Manga-Community auf dem Programm.
An wen wendet sich der Schwerpunkt primär – Fachpublikum, Comicfans, allgemeine Besucherinnen und Besucher?
Primär richtet sich dieser erste Schritt zu einem Comic-Schwerpunkt an das Fachpublikum. Aber damit alle Comic-Begeisterte in diesem Jahr nicht zu kurz kommen, gibt es für Privatbesucher ein Comic-Programm, bei dem uns der Kibitz-Verlag und Carlsen mit Zeichner:innen unterstützen. Außerdem gibt es eine Aktion mit sieben Mangaka, die Besucher im Manga-Style zeichnen. Das Ganze findet am Samstag im Comics Centre in Halle 6.1 ab 10 Uhr statt. Nicht zu vergessen sind die Veranstaltungen, die Verlage wie zum Beispiel Carlsen auch an ihren Ständen durchführen.
Welche Bedeutung haben Comics in Bezug auf den internationalen Rechtehandel und bezüglich Verfilmungen?
Allein der Blick auf die Superhelden-Verfilmungen der letzten Jahre und der große Erfolg von Anime lässt die Annahme zu, dass es hier einen Markt gibt. Mit Zunahme der Streaming-Kanäle wie Netflix und Disney+ wächst auch der Markt für Comic-Verfilmungen. Die Entwicklung läuft allerdings international sehr unterschiedlich. Dies gilt genauso für die Übersetzungsrechte, je nachdem wie populär Comics / Manga in den jeweiligen Ländern sind.
Bis 2014 gab es ja auf der Frankfurter Buchmesse schon mal ein eigenes Comiczentrum, auf dem auf einer Fläche von mehreren 100 Quadratmetern Verlage sowie Zeichnerinnen und Zeichner ihre neuen Werke präsentieren konnten. Das war damals für viele Jahre ein wichtiger Treffpunkt für die Comicszene und Interessierte, die die Kunstform hier für sich entdecken konnten. Ist es denkbar, dass der jetzt neu eingeführte Schwerpunkt Comics mittelfristig ebenfalls wieder eine größere und auf das allgemeine Publikum ausgerichtete Form bekommt?
Ja. Nach dem ersten Schritt 2023 werden wir evaluieren, ob die eingeschlagene Richtung stimmt und in welcher Weise wir das Konzept ausbauen werden. Hierzu sind noch viele Gespräche mit den Akteuren des Comic-Marktes nötig, um nicht an deren Bedürfnissen vorbeizuplanen. Außerdem ist es unser Anspruch, Angebote zu entwickeln, die nicht einfach Kopien von schon vorhandenen Events sind.
2014 war das Comiczentrum ja unter anderem mit der Begründung aufgelöst worden, dass viele Comicverlage entweder in Richtung der jungen Literaturverlage oder auch in Richtung Kinder- und Jugendbuch abgewandert seien und der Comic quasi im allgemeinen Buchmarkt angekommen sei. Wieso gibt es jetzt wieder einen Trend, den Comic expliziter als eigene Kunstform zu würdigen?
Comic war und ist eine eigene Gattung in der Literatur. In vielen Ländern gehört er zum allgemeinen Literatur-Kanon. Auch in Deutschland nehmen einige Verlage den Comic wieder mit in das Programm. In einer Gesellschaft, in der das Visuelle immer wichtiger für das Storytelling wird, erfährt auch der Comic eine neue Wahrnehmung. Wir als größte internationale Buchmesse reagieren auf die Entwicklungen des Marktes und passen unser Angebot den jeweils aktuellen Bedürfnissen an. Da schauen wir immer wieder von Neuem und fragen uns: Was ist der richtige Weg?
Auf der Leipziger Buchmesse hat der Comic und vor allem der Manga ja traditionell schon länger einen großen Auftritt, in diesem Jahr wurde dort der Bereich für Comics und Manga nochmal ausgeweitet. Wieweit zeigt das die wachsende Popularität dieser Kunstform – und wieweit ist das auch eine Anregung für die Frankfurter Buchmesse, hier mehr zu tun?
Die Ausrichtung der Kollegen in Leipzig ist eine andere als bei uns: Die Manga-Comic-Con dort ist vor allem eine tolle Publikumsveranstaltung. Bei uns in Frankfurt soll aber das Geschäft der treibende Faktor sein. Der Comic ist mit seinen vielen benachbarten Märkten, wie Film / Streaming, Games, Licensing und Merchandise zu wichtig, um leichtfertig ungeprüft zu lassen, wie eine gute Strategie dafür zukünftig aussehen kann. Dieser Strategiearbeit werden wir uns nach dieser Messe bei der Planung für die FBM24 annehmen.