Biathletin Denise Herrmann wird sensationell Olympiasiegerin

Als Denise Herrmann als achte Starterin im Biathlon-Einzel das Ziel erreicht hatte, war ihr zunächst nur klar, dass sie einen nahezu perfekten Wettkampf bestritten hatte. Bei zwanzig Schüssen hatte sie nur einmal daneben gefeuert und war auch schnell durch die Loipe gekommen; gerade in der letzten Runde hatte sie noch reichlich Energie, um die Konkurrentinnen zu distanzieren.

Nachdem dann die erste Erschöpfung gewichen war, konnte Herrmann, 33, ausgeruht verfolgen, wie selbst die treffsichersten Kolleginnen irgendwann patzten, so dass sich mit jeder voranschreitenden Minute herauskristallisierte, dass sie sich in den Bergen von Zhangjiakou zur Olympiasiegerin gekürt hat. Auf dem zweiten Platz folgte die Französin Anais Chevalier-Bouchet (Frankreich) mit einem Rückstand von 9,4 Sekunden. Bronze gewann Marte Olsbu Röiseland aus Norwegen.

„Das macht mich unglaublich stolz und glücklich. Mir fehlen noch die Worte“, sagte sie in einer ersten Reaktion der Deutschen Presse-Agentur. „Sensationell wie das geklappt hat bei Denise. Jetzt die Medaille mitzubringen, bringt Ruhe in das ganze Team, das ist wichtig für die ganze Mannschaft“, lobte Florian Steirer, Bundestrainer der Frauen.

Mit einem solchen Coup war nach den letzten Eindrücken nicht zu rechnen gewesen war. In der unmittelbaren Vorbereitung auf die Spiele hielt der Deutsche Skiverband ein Höhentrainingslager in Antholz ab. Und hier vermittelte Herrmann einen sehr nüchternen Eindruck ihrer Gefühlslage. Sie sagte: „Mir fehlt momentan etwas die Lockerheit. Man hofft natürlich auf ein paar Erfolgserlebnisse.“

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Bei der Olympia-Generalprobe in Antholz kurz zuvor hatte die Sächsin noch gepatzt. Im Massenstart hatte sie sogar zwei Minuten Rückstand auf die Siegerin Dorothea Wierer. „Was dort auf dem Zettel stand, war unterirdisch, aber ich reagiere krass auf Höhe“, sagte sie vor den Wettkämpfen in China. „Insgesamt denke ich aber schon, dass es passt.“

Herrmann hatte in den vergangenen Jahren akribisch daran gearbeitet, in allen Facetten dieses Sports Kleinigkeiten zu verändern, um nach olympischem Bronze 2014, das sie noch als Langläuferin mit der Staffel gewonnen hatte, auch ihre Biathlon-Karriere zu krönen. Unter anderem zog sie ein individuelles Höhentraining in Davos durch, sie machte Überstunden im Sommertraining und tüftelte an ihrer Waffe.

Die aktuelle Saison begann mit einem dritten Platz im Einzel von Östersund entsprechend stark, doch gerade nach dem Jahreswechsel lieferte sie zahlreiche enttäuschende Ergebnisse ab, was insbesondere an schwachen Schießresultaten lag. Beim Heim-Weltcup in Oberhof schoss sie sogar gleich achtmal daneben, sie landete auf Platz 41. „Das ist gerade eine total krasse Situation. Ich habe ordentlich auf die Fresse gekriegt dieses Jahr. Aber ich wusste, dass ich es kann“, sagte Herrmann im ZDF. Wenige Tage zuvor in Antholz hatte sie noch den Wunsch geäußert, „dass ich einfach mal zeigen kann, was ich zeigen möchte.“

Favoritinnen leisten sich viele Fehler

Im Wintersport ist der Fokus hierzulande besonders auf die Biathlet:innen gerichtet. Das zeigt sich auch jetzt bei den Spielen in Peking, wo die Einschaltquoten besonders hoch sind, wenn diese Disziplin übertragen wird. Bei den unglaublichen Erfolgen früherer Athletinnen um Magdalena Neuner oder Laura Dahlmeier ist der Druck auf die aktuelle Generation entsprechend groß.

Wegen Hermanns Gold-Coup wäre fast untergegangen, dass Vanessa Voigt gerade mal 1,3 Sekunden zu einer Medaille fehlten, was nicht weniger eine Sensation gewesen wäre. Der 24-Jährigen war beim Mixed-Wettbewerb noch die große Anspannung bei ihren ersten Olympischen Spielen anzumerken. Im Einzel schoss sie nun wie Herrmann nur einmal daneben. „Letztendlich ist dieser vierte Platz für mich wie ‘ne Goldmedaille“, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur.

Und auch Franziska Preuß schlug sich bei ihrem Comeback achtbar mit einem 25. Platz, nachdem sie wegen eines Treppensturzes und einer anschließenden Coronainfektion zuvor acht Wochen hatte pausieren müssen. An diesem Tag spielte aber natürlich ihre Kollegin Denise Herrmann nicht nur beim DSV die Hauptrolle.