Berliner Philharmoniker: Später Glanzpunkt der Komponistin Marianna Martines

Für ein Debüt ist es nie zu spät. Marianna Martines war immerhin eine der bekanntesten Komponistinnen der Mozart-Zeit. Erst nach rund 250 Jahren hat es ihre graziöse Sinfonia im strahlenden C-Dur in ein Konzertprogramm der Berliner Philharmoniker geschafft, am Pult stand Fabio Luisi.

Martines, Tochter eines Neapolitaners mit spanischen Wurzeln, wuchs in Wien auf, wo ihr Vater als Zeremonienmeister des päpstlichen Botschafters wirkte. Über ihren Mentor, den Dichter und Librettisten Pietro Metastasio, kam sie zu ihren Lehrern Nicola Porpora und Joseph Haydn. Als Komponistin drang sie in eine Männerdomäne vor und profilierte sich überdies als Cembalistin und Sängerin – eine echte Allrounderin. Ihre dreiteilige Sinfonia überzeugt durch heitere Spritzigkeit und schöne sangliche Passagen im Andante.

Mozarts Klavierkonzert Nr. 23

Nicht mehr vorzustellen braucht man den Pianisten Jewgeni Kissin, der als Solist in Mozarts berühmtem Klavierkonzert Nr. 23 zu erleben ist. Auch wenn dieses Konzert weltweit zum Standardrepertoire gehört, sorgen unterschiedliche Interpretationen doch immer wieder für Überraschungsmomente. Kissin präsentiert einen erdenschweren Mozart, jeder Ton wird quasi wie von einem Bildhauer herausgemeißelt. Das Adagio in fis-Moll hat hier nichts Überirdisches und Traumverlorenes, es verströmt eine eindringliche, fast beklemmende Melancholie.

Evgeny Kissin spielt ein Klavierkonzert von Mozart.
Evgeny Kissin spielt ein Klavierkonzert von Mozart.
© Berliner Philharmoniker/Martin Walz

Deutlich gelöster ist der Pianist bei der Zugabe, Mozarts übermütigem „Rondo alla turca“. 2019 hatte Kissin mit den Berlinern unter Mariss Jansons ein Liszt-Konzert gespielt, während der Pandemie trat er in der „Berlin Phil Series“ vor einem kleineren Publikum auf. Umso stürmischer wird er nun in der ausverkauften Philharmonie gefeiert.

Komponistin Marianna Martines

Fast schon eine Premiere ist Franz Schmidts riesig besetzte Sinfonie Nr. 2 Es-Dur – acht (!) Hörner, vier Trompeten und viel Schlagwerk kommen zum Einsatz. Bei den Philharmonikern stand sie bis dato nur ein einziges Mal – nämlich im Januar 1918, gut vier Jahre nach der Uraufführung – auf dem Programm.

Luisi kennt sich bestens aus mit dem Oeuvre des Österreichers, der als Cellist unter Mahler im Wiener Hofopernorchester musizierte. An diesem Abend gelingt es ihm meisterhaft, dieses vielschichtige Werk zu bändigen. Bereits im ersten, mit „lebhaft“ überschriebenen Satz, kommt es zu mächtigen Klangeruptionen.

Im liedhaften „Allegretto“-Satz mit zehn Variationen fasst Schmidt zwei sinfonische Mittelsätze kreativ zu einem zusammen. Bei der Fuge zu Beginn des langsamen Finales erlebt man ein fast überwältigend schönes Zusammenspiel der Bläser. Der Klang steigert sich, Trompeten, Posaunen und Schlagwerk lassen die Sinfonie in einem wahren Klangrausch enden.