FC Bayern auf der Suche nach Stabilität: In Dortmund geht es auch um den inneren Frieden
Manchmal ist es gar nicht schlecht, wenig Zeit zum Grübeln zu haben. Der Tag danach war beim FC Bayern schon wieder der Tag vor der Reise zum nächsten Spiel. Es geht jetzt um Borussia Dortmund, um das Bundesliga-Duell mit dem ewigen Konkurrenten am Samstag, nicht mehr um die Pokal-Schmach, das blamable Zweitrunden-Aus beim Drittligaklub 1. FC Saarbrücken. Aber so leicht lässt sich diese 1:2-Niederlage im Saarland am Mittwoch nicht zu den Akten legen. Sie wird die Bayern auf dem Weg nach Westfalen begleiten, vor allem Trainer Thomas Tuchel.
Als hätte er nicht schon genug mit der Mannschaft zu tun, sieht sich Tuchel nun auch noch der Kritik ausgesetzt, zu viel rotiert zu haben in Saarbrücken. Er hat Spieler eingesetzt, die entweder noch nie (Frans Krätzig) oder schon sehr lange nicht mehr (Bouna Sarr) in einem Pflichtspiel der Profis in der Startelf standen.
Er hat Stammkräfte wie Jamal Musiala oder Kingsley Coman erst spät eingewechselt, Harry Kane gar nicht. Der hatte sich zwar aufgewärmt, wäre aber nur im Falle einer Verlängerung in die Partie gekommen. Die verhinderte aber Saarbrücken mit dem Siegtor in der Nachspielzeit.
Tuchel hat den kränkelnden Noussair Mazraoui gleich zu Hause gelassen und er hat Spieler auf Positionen eingesetzt, die für sie ungewohnt waren. Freiwillig wie Krätzig im offensiven Mittelfeld oder gezwungenermaßen, weil sich Mathijs de Ligt früh verletzt hatte.
Joshua Kimmich, sagt Tuchel später, „war der einzige verbliebene Spieler, der schon mal Innenverteidiger gespielt hatte“. Gegen Preußen Münster in der ersten Runde hatten Experimente noch geklappt, damals war Leon Goretzka in der Abwehr gerückt. In Saarbrücken ging es schief. Es gebe „hundert Erklärungen oder auch keine“, sagte Tuchel, für das Pokal-Aus.
Die Rotation fliegt Thomas Tuchel um die Ohren
Die vielen Umstellungen mögen eine davon sein, das streitet der Bayern-Trainer gar nicht ab. Aber da kommt Dortmund ins Spiel, die nächste, auf dem Papier viel schwierigere Aufgabe für den FC Bayern, in der er vermutlich lieber nicht mit Sarr in der Abwehrkette spielt, und auch nicht mit dem talentierten, aber unerfahrenen Krätzig, weder im Mittelfeld noch da, wo er meist eingesetzt wurde bei den Profis, in der Außenverteidigung.
Man kann es Tuchel deshalb nicht verdenken, dass er seine Mannschaft so aufgestellt hat, etwas riskant, sicherlich, aber mit Blick auf die hinter den Bayern und noch vor ihnen liegenden englischen Wochen nachvollziehbar. Wenn nicht in dieser Partie, wann dann? „Alle haben recht, die sagen: Wir müssen das Spiel trotzdem gewinnen“, sagt Tuchel. Der schwache Auftritt, findet Thomas Müller, Schütze des Münchner 1:0 im Saarbrücker Ludwigspark, „ist alles andere als unser Anspruch“.
Mit der Niederlage sind die Bayern wieder beim misslungenen Ende der Transferperiode angekommen. Es rächt sich nun, dass zu viele Spieler abgegeben und zu wenig neue geholt wurden. Und nun hat sich die angespannte Personalsituation mit de Ligts Knieverletzung noch verschärft. Tuchel muss hoffen, dass in Dortmund Dayot Upamecano nach seiner Muskelblessur durchhält, denn auf Kimmich in der Innenverteidigung kann er nicht setzen. Der ist gesperrt.
Sportlich geht es für die Bayern in Dortmund darum, Tabellenführer Bayer Leverkusen nicht ziehen lassen zu müssen und ums Prestige, den großen Rivalen in die Schranken zu weisen. Doch es steht noch mehr auf dem Spiel: der innere Frieden, die Stabilität. Denn am Samstag ist nicht nur das Personal entscheidend, die Aufstellung, sondern die Überzeugung. So wie früher, als schwierige Situationen die Bayern besonders motivierten.