Borussia Dortmund kommt von hinten

Das zweite der beiden Tore von Erling Haaland war geradezu sinnbildlich für die große Champions-League-Aufholjagd von Borussia Dortmund. Ein Verteidiger des VfL Wolfsburg spielte einen Fehlpass, Mahmoud Dahoud nahm ihn auf, passte den Ball direkt zu Haaland weiter – und der sprintete damit über mehr als die Hälfte des Spielfelds auf das Tor der Wolfsburger zu.

Die Dortmunder scheinen gerade kaum mehr zu stoppen zu sein, denn durch zwei Treffer des Norwegers in der 12. und 68. Minute gewann der Tabellenfünfte am Samstag 2:0 (1:0) beim Tabellendritten aus Wolfsburg und hat einen fast schon verloren geglaubten Platz in der Champions League nun wieder dicht vor Augen.

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Nur zur Erinnerung: Noch vor drei Wochen hatte der BVB nach seiner 1:2-Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt elf Punkte Rückstand auf den VfL. Vier eigene Siege und drei Wolfsburger Niederlagen später ist dieser Abstand auf zwei Zähler zusammengeschmolzen. Und das, obwohl die Borussia in ihrem vermeintlichen Endspiel um die Champions-League-Qualifikation nach Gelb-Rot gegen Jude Bellingham rund eine halbe Stunde in Unterzahl spielte.

„Ich glaube, dass wir psychologisch jetzt im Vorteil sind. Wir müssen die Situation ausnutzen, dass wir gut im Flow sind“, sagte Marco Reus. Auch Trainer Edin Terzic war voll des Lobes: „Wir haben uns mit allem, was wir hatten, gewehrt. Man darf nicht vergessen, dass wir die dritte englische Woche nacheinander hatten, in der wir viele Körner gelassen haben. Wie die Mannschaft alles dafür getan hat, um einen Konkurrenten auf zwei Punkte heranzuziehen, war kämpferisch herausragend.“

Die Dortmunder brauchten den Sieg

Den Dortmundern hätte in diesem Schlüsselspiel schon ein Unentschieden kaum geholfen. Die Einnahmen aus der Champions League brauchen sie bei ihrem teuren Kader und den massiven Einnahmeverlusten der Corona-Krise ungleich dringender als der Volkswagen- Klub aus Wolfsburg. Zudem geht es beim BVB auch immer darum, seinen hochbegabten Spielern wie Haaland eine sportliche Perspektive zu bieten. „Vor ein paar Wochen wurde mir noch die Frage gestellt: Was ist mit Erling los? Ist er mit seinen Gedanken noch in Dortmund?“, sagte Terzic. „Die Antwort darauf hat er heute gegeben.“

Genau wie zuletzt schon Eintracht Frankfurt und Bayern München profitierten allerdings auch die Dortmunder davon, dass die eigentlich so starke Abwehr des VfL Wolfsburg in der entscheidenden Phase der Saison auf ungewohnte Weise patzt. Vor dem 1:0 nahm Haaland einen missglückten Rückpass von Ridle Baku auf und nutzte dieses Geschenk zu seinem ersten Tor. Seinem zweiten Treffer gingen dann der Fehlpass von John Anthony Brooks und die Handlungsschnelligkeit von Dahoud voraus.

„Wir müssen uns heute wieder an die eigene Nase fassen, denn wir machen in diesen Duellen zu viele individuelle Fehler“, sagte VfL-Trainer Oliver Glasner. „Die Luft wird dünn in den Sphären, in denen wir jetzt spielen.“ Die Wolfsburger machten kein schlechtes Spiel. Sie drängten die Borussia sogar zeitweise weit in die eigene Hälfte zurück. Doch gerade in Überzahl fiel dem VfL nicht mehr viel ein. In der zweiten Hälfte hatten die Dortmunder trotz ihrer Unterzahl sogar deutlich mehr und die deutlich besseren Chancen. (dpa)