K-Pop-Sensation live: Blackpink versetzen Berlin in Hysterie
Man weiß gar nicht, welcher Anblick nun herzwärmender ist: Die Familie mit den zwei Teenie-Töchtern, die stolz wie Bolle für ein Foto posieren. Die tausenden Menschen, die schon gut eine Stunde vor der Show Blackpink-Hits wie „Pink Venom“, „Lovesick Girls“ oder „DDU-DU DDU-DU“ lautstark ansingen. Oder die aufgekratzte Fan-Clique, in die man mit seinem Sitzplatz geraten ist: junge Frauen und Männer Anfang zwanzig, die bemerken, das man mit einem journalistischen Auftrag gekommen ist.
Da wird gleich mal gecheckt, ob man auch ein wenig Ahnung oder gar Leidenschaft für das Thema mitgebracht hat. „Wer ist dein Bias?“ „Jennie.“ „OK, und dein Bias Wrecker?“ „Jisoo.“ Test bestanden – damit hat man sich noch nicht unbedingt als „Blink“, so heißen die Fans der Band, qualifiziert aber zumindest scheinen sie zu wissen, dass hier kein mittelalter Mann gekommen ist, der doch nur wieder K-Pop dissen will. Was gerade im Feuilleton ein ermüdender Volksport ist.
Dabei ist es nun mal so: Wer über ein K-Pop-Konzert schreibt, muss bei den Fans anfangen. Wer das nicht beherzt, entpuppt sich recht schnell als schlecht vorbereiteter Zaungast. Sie machen diese faszinierende und mitnichten unproblematische Pop-Maschinerie so verdammt unterhaltsam.
Und sie sind eben nicht nur kreischende junge Mädchen. Das Publikum in Berlin ist ein bunter, sehr diverser Mix: Viele junge Menschen mit asiatischen Roots, Manga-Fans, queere Kids, Elternteile, die sich ebenfalls gut unterhalten fühlen werden und viele junge Erwachsene, die auch nicht anders aussehen als das Publikum von My Chemical Romance zu deren Hochzeiten.
Blackpink eröffnen den Abend mit „How You Like That“ (1, 1 Milliarden Views bei YouTube, 716 Mio Streams bei Spotify), das mit ihrer Live-Band noch wuchtiger wirkt als die Albumversion. Von da an wogt die Hysterie in Wellen durch die Arena und man weiß plötzlich, warum K-Pop-Performer – und -Sänger:innen „Idols“ heißen. Jennie, Rosé, Lisa und Jisoo zählen zu den bekanntesten Frauen des Planeten und werden hier geradezu vergöttert.
Wenn eine von ihnen besonders energetisch abliefert, johlen und kreischen ihre Fangruppen. Man merkt schnell, wie perfekt diese Vier gecastet wurden und wie hart sie trainiert haben. Denn so läuft es im K-Pop: Blackpink wurden von der Produktionsfirma YG Entertainment „konzipiert“.
Lisa ist eine der besten Rapperinnen im K-Pop
Ihr visuelles Konzept, die Performances, die Videos, die Ausbildung, die schon im Teenagerinnen-Alter begann, das Songwriting – all das ist im K-Pop Teamsport. Oder auch: Dienstleistung. Aber eben eine Dienstleistung am Fan. Warum soll das schlimm sein, wenn ein so perfekter und zugleich euphorischer Pop-Abend dabei herauskommt?
Mal abgesehen davon, dass die vier Blackpink-Mitglieder in ihrem Spiel mit Perfektion und kurzen Momenten der Nahbarkeit sehr sympathisch wirken. Jennie ist die Eiskönigin der Band, die sehr ausgewählt lacht, aber wenn sie es tut, schmelzen alle außer sie. Lisa ist eine der besten Rapperinnen im K-Pop, fast immer am Lächeln, immer für einen Gag auf der Bühne zu haben. Ihr Solo-Song „Money“ und die Choreografie dazu dürften alle überzeugen, das K-Pop auch musikalisch eine Macht ist.
Rosé ist die vielleicht Perfekteste der Band. Man will trotzdem nicht Streberin nennen, denn dazu strahlt sie zu viel Wärme aus. Viele Songs sind auf den Moment ausgerichtet, in dem ihre Pop-Stimme den Refrain einleitet. Jisoo ist die älteste – und charmanteste der Band. Ebenfalls eine tolle Sängerin, die ganz nebenbei in Südkorea dank des Netflix-Dramas „Snowdrop“ ihre Schauspielerinnen-Karriere gestartet hat.
Das Set hält Fans und Eltern locker für zwei Stunden gefesselt. Die Choreografien des Quartetts, die Background-Tänzer:innen, die Visuals, das Konfetti, die hart arbeitende Band, diese übergroßen K-Pop-Lieder, die es irgendwie schaffen, auch nach hundertfachem Hören noch bei den Fans zu knallen – all das verbindet sich zu einem Pop-Abend, den ein cutes Pärchen am Merch-Stand nach der Show mit einem Seufzen und strahlenden Augen am besten auf den Punkt bringt: „Zwei Stunden sind noch nie so schnell vergangen.“
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