Berlinale-Kolumne #1: Im Kino grünet Hoffnungsglück
Macht sich gut zum Start, meine blaue Mütze. Am Potsdamer Platz zieht sich der Winter hinter die rauen Häuser zurück. Im Kino grünet Hoffnungsglück. Jetzt bloß keine letzte Erkältung holen. Ich krame meine alten Berlinale-Socken – mit eingesticktem weißen Bär auf rotem Grund – aus dem Schrank. Aber ach, sie haben ein Loch. Wie der Potsdamer Platz: Hier zieht‘s immer durch.
Der Berlinale-Bär ist blau angelaufen
Die Berlinale macht zur Eröffnung einen abgekühlten Eindruck. Unter der Diskokugel am roten Teppich wird politisch gestritten anstatt glamourös geschritten, es sind raue Zeiten. Ich laufe zum Berlinale-Shop, um mir neue Socken zu holen. Für 15,90 Euro kriegt man immerhin zwei – und sie haben ein interessantes Muster: Ins Festival-Rot wurden blaue Sprenkel reingekleckert. Der Berlinale-Bär, das unverwüstliche Maskottchen, ist diesmal auch blau angelaufen. Mit meiner Mütze lieg ich wohl im Trend.
Schnell noch die ersten Tickets unterwegs auf dem Handy checken, und dann geht’s rüber zum … plonk! Autsch! „Haha, das tat weh, oder?“, ruft mir ein Bauarbeiter zu, neben ihm stehen zwei Bierflaschen, dafür fehlen ihm zwei Zähne. Ich fasse mir an meinen brummenden Kopf und schaue hoch, wo ich gegengelaufen bin. Ein grünes, trompetenartiges Monstrum, durch das man den Schall erklärt bekommen soll, steht mir im Weg, na ja, eigentlich war es nur am Wegesrand. Wenn ich nicht gerade aufs Handy geguckt hätte, wäre ich locker vorbeigelaufen. Meine Finger tasten durch meine Haare, fühlen sich etwas feucht an. Die blaue Mütze hat jetzt rote Sprenkel. In der Tat, das tat weh.
Ich hab leider das Problem, dass ich just jetzt mit einer Berlinale-Verantwortlichen zum Interview verabredet bin. „Schöne Mütze“, sagt die Frau zur Begrüßung, die ich im Café an der zugigsten Ecke Berlins treffe. „Blau ist ja die neue Modefarbe.“ Ich lass meine Mütze lieber auf und fühle mich wie in einem Loriot-Film – nur dass mir nicht unbemerkt eine Nudel am Mund hängt, sondern, so fürchte ich, gleich ein Tropfen Blut über die Stirn rinnt. Ich versuche, das Gespräch zugig (haha!) zu beenden.
Zum Abschied frage ich, ob man die Berlinale nicht wieder in den Sommer verlegen sollte, wo sie bis 1976 ja stattfand. Dann bräuchte man keine Socken und keine Mütze. „Ach“, sagt die Frau. „Im Sommer gehen die Leute doch nicht ins Kino.“ Aber im Winter zum Potsdamer Platz? Na ja, nun sind wir schon mal hier.