Berlin ist vorn – zum neunten Mal!

Als die letzten fünf Minuten angebrochen waren, wollten sich einige der Berliner Profis auf der Bank schon gar nicht mehr hinsetzen. Beim einem Stand von 5:0 (1:0, 3:0, 1:0), das zugleich der Endstand im vierten Spiel gegen RB München bedeutete, war klar, dass hier nichts mehr schiefgeht für die Eisbären und wenige Minuten später erneut der Meisterpokal in die Höhe gereckt werden darf – so wie im letzten Jahr. Mit dem feinen Unterschied, dass diesmal die Fans dabei waren – auch wenn zu Hause natürlich noch mehr Radau gewesen wäre.

Aber die Momente der Erlösung fühlen sich überall gut an. Es flogen Helme, Stöcke, alles, was nicht fest gemacht worden war und die Mannschaft stürmte zu Mathias Niederberger, der die ganze Saison über herausragend gespielt hatte, aber in den entscheidenden Spielen schier unbezwingbar war. Völlig ausgelaugt und verschwitzt lagen sich die Helden dieses Abends im Arm, während die Münchner auf der anderen Seite sich sammeln mussten, um zur Gratulationsrunde anzutreten. Eine Rolle, die sie hier eigentlich nicht kennen. Und dann durfte endlich der so ersehnte Pokal in die Höhe der Münchner Arena gereckt werden.

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In der 9. Minute schossen die Eisbären die Führung. Frank Hördler erblickte mit all seiner Erfahrung Matt White, der von den Münchnern fahrlässig vernachlässigt wurde. Für seine Verhältnisse ließ der US-Amerikaner in diesen Play-offs ungewohnt viele hochkarätige Chancen liegen. Doch an diesem Abend offenbarte seine Kaltschnäuzigkeit. Und es war genau der Spielverlauf eingetreten, den sich die Eisbären gewünscht haben dürften.

2018, als die Eisbären zum letzten Mal in einer Finalserie gegen München spielten, hatten sie auch geführt im siebten Spiel. Micki DuPont war seinerzeit erfolgreich. Anschließend aber spielte die Mannschaft von Don Jackson die Berliner regelrecht schwindelig. 6:3 lautete das Endergebnis, die Münchner feierten den Titel-Hattrick und schienen uneinholbar entrückt.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Bis auf die verhängnisvollen fünf Minuten im ersten Spiel dieser Serie, als die Eisbären einen Drei-Tore-Vorsprung verspielten und am Ende 3:4 unterlagen, legten sie eine nahezu perfekte Play-off-Performance in allen Mannschaftsteilen hin. Powerplay, Unterzahl, Effektivität – alles war zum Höhepunkt der Saison da. Und das, obwohl die Berliner in den vergangenen sieben Tagen fünf Auftritte auf höchstem Niveau zu bestreiten hatten.

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Der vierte Streich. Die Eisbären jubeln nach zum 4:0 Treffer im zweitem Drittel vor dem Tor von RB-Torwart Henrik Haukeland (r).Foto: Peter Kneffel/dpa

Im zweiten Drittel legten die Eisbären ihre Prüfung für Meisterschaft Nummer neun ab. Und als Torschützen durften sich Spieler feiern lassen, die symbolisch für diese fabelhaften Play-offs stehen: In der 25. Minute erhöhte Frans Nielsen zum 2:0, der sich in der entscheidenden Phase der Saison mit seiner Erfahrung als riesiger Glücksgriff erwiesen hat. In der folgenden Minute legte Leo Pföderl nach, der sich vor der K.-o.-Phase mit einem entzündeten Schambein quälte und auch in den Play-offs nicht immer rund lief. Fünf Tore und sechs Assists in der Play-off-Bilanz sprechen für sich. Und dann kürte sich White bei seinem persönlichen Torjäger-Comeback zum Doppeltorschützen.

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An diesem Abend sollte nichts mehr schiefgehen, das war nun deutlich zu spüren. Obwohl mit Zach Boychuk der wohl beste Berliner Play-off-Stürmer nach einem Foul von Trevor Parkes in Spiel drei nicht mitwirken durfte. Blaine Byron hingegen war wieder mit von der Partie. Die häufig zitierten 60 Minuten, die man im Eishockey konzentriert sein müsse, um ein Spiel zu gewinnen, absolvierten die Eisbären höchst konzentriert, so dass Torwart Mathias Niederberger, der eine makellosen Auftritt hinlegte, das Finale auch noch ohne Gegentor beenden dufte. Was einer Demütigung des Gegners gleichkommt. Zehn Sekunden vor dem Schluss fiel dann sogar noch das 5:0 durch White ins leere Tor.

Gleiches gilt für die Entspannung, die in den letzten Sekunden auf der Berliner Bank festzustellen waren. Was gibt es Schöneres, als die letzten Züge der Saison genießen zu können.