Bericht der „Financial Times“: Wollte Windhorst Hertha-Präsident Gegenbauer mit einer Kampagne stürzen?

Anfang kommender Woche werden sich der Präsident von Hertha BSC und der Investor des Klubs gemeinsam in der Öffentlichkeit zeigen. Für Dienstagnachmittag hat der Berliner Fußball-Bundesligist zu einer Medienrunde eingeladen, bei der Kay Bernstein über seine ersten 100 Tage im Amt berichten wird.

Mit Herthas neuem Präsidenten wird dann auch Lars Windhorst auf dem Podium sitzen, der seit 2019 in mehreren Schritten insgesamt 374 Millionen Euro in den Verein investiert hat und dafür 64,7 Prozent der Anteile an der Hertha BSC KGaA erworben hat.

Dass Windhorst am Dienstag mit dabei ist, soll natürlich auch ein Zeichen sein: ein Zeichen dafür, dass die Zeit der gegenseitigen Kämpfe zwischen Vereinsführung und Investor vorbei ist; dass man sich jetzt als ein Team sieht und gemeinsam an einer möglichst erfolgreichen Zukunft von Hertha BSC arbeitet. Das war früher nicht der Fall.

Es ist kein Geheimnis, dass Windhorst und Werner Gegenbauer, der Vorgänger Bernsteins, ein äußerst schwieriges Verhältnis zueinander pflegten und dass die Spannungen den Verein beinahe zerrissen hätte.

Wie schwierig und zerrüttet dieses Verhältnis war, darauf lässt ein aktueller Bericht der „Financial Times“ („FT“) schließen. Demzufolge hat Windhorst eine israelische Privatdetektei damit beauftragt, Gegenbauer mit einer gezielten Kampagne aus dem Amt zu drängen.

Publik wurde das, weil das Unternehmen Shibumi Strategy Limited aus Tel Aviv Windhorst nun offenbar vor einem Bezirksgericht in Tel Aviv verklagt hat. Da Gegenbauer im Mai von seinem Amt zurückgetreten sei, ist Shibumi Strategy laut „FT“ der Ansicht, dass „das Projekt erfolgreich ausgeführt“ worden sei und dem Unternehmen deshalb ein Erfolgshonorar zustehe.

Tennor hat uns übermittelt, dass diese Geschichte völliger Unsinn ist.

Hertha BSC

Der „Financial Times“ zufolge hat Shibumi Strategy Windhorsts Unternehmen Tennor verklagt, weil dieses die vertraglich zugesicherten Honorare von einer Million Euro für die achtmonatige Tätigkeit plus ein mündlich vereinbartes Erfolgshonorar von vier Millionen Euro nicht gezahlt habe.

Ori Gur-Ari, Geschäftsführer von Shibumi Strategy, erklärte gegenüber der Zeitung allerdings, nichts von dieser Sache zu wissen: „Da müssen Sie einen Fehler gemacht haben.“ Windhorst wiederum bezeichnete den „FT“-Bericht als Nonsens.

Abschied nach dem Klassenerhalt. Im März trat Gegenbauer nach 14 Jahren im Amt zurück.
Abschied nach dem Klassenerhalt. Im März trat Gegenbauer nach 14 Jahren im Amt zurück.
© Foto: IMAGO/Contrast

Werner Gegenbauer wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem Bericht äußern, und Hertha BSC erklärte: „Tennor hat uns übermittelt, dass diese Geschichte völliger Unsinn ist.“

Der „Financial Times“ liegen jedoch nach eigener Darstellung die Gerichtsakten aus Tel Aviv vor, in denen auch ein Bericht über die Kampagne mit dem Codenamen „Euro 2020“ enthalten sei. Darin erkläre Shibumi Strategy, wie das Unternehmen mit einem 20-Mann-Team versucht hat, sich Gegenbauers Unterstützern, seinen Gegnern und auch seiner Familie zu nähern, um an Informationen zu kommen und die Stimmung gegen den Präsidenten von Hertha BSC zu beeinflussen.

Demnach sollen im Internet Karikaturen verbreitet worden sein, die Gegenbauer als Sensenmann und Teufel zeigten. Dass auf Social-Media-Plattformen offenbar auch mit Fakeprofilen gearbeitet wurde, hat einige Hertha-Fans nicht überrascht. Diese Vermutung gibt es schon länger und wurde erstmals offen artikuliert, nachdem Gegenbauer dem Podcast Hertha-Base ein Interview gegeben hatte.

Auch in einem Blog (sportfreax.com) sei gegen Herthas Präsident Stimmung gemacht worden. Sportfreax existiert nach wie vor, berichtet recht wahllos über Ereignisse aus dem Berliner Sport und wird angeblich von einem Autor betrieben, für den Sport „immer ein wichtiger Teil meines Lebens“ war.

Allzu viel gibt er Autor in seiner Biografie nicht von sich preis, nur Gemeinplätze wie diesen: „Mit dieser Liebe im Herzen beschloss ich, diesen Blog zu schreiben und mit euch, einer Gemeinschaft gleichgesinnter leidenschaftlicher Sportfans, zu teilen. Ich hoffe, Ihr habt beim Lesen meiner Blogbeiträge genauso viel Freude wie ich beim Schreiben.“

Einen Namen hat der Autor nicht, so wie der Blog kein Impressum hat. Eine Kontaktaufnahme ist lediglich per Mail möglich.

In einem Beitrag aus dem Frühjahr wird bei Sportfreax „Herthas Chaos in Zeiten des Abstiegskampfes“ als „Folge einer Präsidentschaft“ bezeichnet und vor allem Gegenbauer attackiert. Der Text endet mit dem Satz: „Am 29. Mai wird sich bei der Mitgliederversammlung zeigen, ob die Mehrheit der Herthaner für die Abwahl des Präsidenten stimmt, mit dem Hoffnungsschimmer, dass in dem Skandalverein endlich Ruhe einkehren möge.“

Windhorst hatte im Frühjahr eine weitere Zusammenarbeit mit Gegenbauer ausgeschlossen und für dessen Abwahl geworben. Dazu kam es nicht, weil Herthas Präsident im Mai, nach dem Klassenerhalt in der Relegation gegen den Hamburger SV und insgesamt 14 Jahren im Amt, seinen sofortigen Rücktritt erklärte.

In einem Interview mit dem Tagesspiegel erhob er anschließend seinerseits noch einmal schwere Vorwürfe gegen den Investor: „Er hat in den vergangenen Wochen, mitten im Abstiegskampf, den Verein angezündet“, sagte Gegenbauer. „Windhorst hat eine Spaltung zu verantworten, die den Klub und alle Abteilungen schwer verunsichert hat.“

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