„Batgirl“ wird nicht veröffentlicht

Wer die neun Folgen der wirklich großartigen israelischen Netflix-Serie „Hit & Run“ mit dem „Fauda“–Helden Lior Raz als Segev Azulai geschaut und sich aufgrund des offensichtlichen Cliffhangers auf eine zweite Staffel gefreut hatte, war beim anschließenden Stöbern im Netz (wann, wie und mit wem geht es weiter?) aufs Schwerste enttäuscht worden: Produktion eingestellt.

Die Pandemie hatte schon das Drehen der ersten Staffel erschwert, und mit Drehorten in Tel Aviv und New York war „Hit & Run“ sowieso ziemlich teuer geraten. Immerhin rechtzeitig gestoppt, könnte man sagen, vor dem Dreh einer weiteren Folge. Und finanziell vermutlich kein Vergleich mit dem bis zu 90 Millionen teuren und fertig abgedrehten „Batgirl“- Film, den Warner Brothers jetzt in den sogenannten Giftschränken verschwinden lassen und nicht veröffentlichen will.

Inszeniert wurde „Batgirl“ von den „Bad Boys 3“–Regisseuren Adil El Arbi und Bilall Fallah, die Hauptrolle spielt Leslie Grace, eine Nebenrolle hat auch „Batman“-Star Michael Keaton, und produziert wurde der Film für den Streamingdienst HBO Max, wo er Ende dieses Jahres laufen sollte.

Strategiewechsel

Die Entscheidung, „Batgirl“ weder in den Kinos noch auf dem Streamingportal zu zeigen, was in der Branche noch nie vorgekommen ist, reflektiere „den Wechsel in der Strategie unserer Führung“, ließ Warner Brothers in einer Mitteilung verlauten.

Nachdem Warner im April mit dem Medien- und Unterhaltungsunternehmen Discovery, Inc zu einem noch größeren Medienkonzern zusammengelegt worden war, lautet diese Strategie: Blockbuster, Blockbuster, Blockbuster. Und da gilt ein Film, der keine hundert Millionen Dollar gekostet hat, als „kleiner“ Film. In Branchendiensten wird allerdings auch über andere Gründe spekuliert, von mangelnder Qualität, obwohl er bei Testvorführungen gut angekommen sein soll, bis zu Steuersparmodellen.

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Ob man diesen Film wirklich nie zu sehen bekommt? Und ob es nicht beizeiten doch eine weitere Staffel von „Hit & Run“ geben wird, es muss ja nicht bei Netflix sein? Künstlerische Projekte wie diese, die unvollendet sind, verschwinden oder zensiert werden, von wem auch immer, wecken Begierden und bekommen eine ganz eigene Aura.

Man denke, anderes Ressort, an Brian Wilsons und Van Dyke Parks Beach-Boys-Album „Smile“, das erst knapp vierzig Jahre später erschien.

Die Schauspielerin und “Batgirl”-Darstellerin Leslie Grace.Foto: AFP

Oder, viele Nummern kleiner, das Milch-Album „Socialpark“, das nur eine fünfjährige Verspätung hatte. Gut möglich, dass „Batgirl“ also doch eines Tages von einem anderen Medienkonzern gekauft und zu sehen sein wird. Das Interesse an dem Film wird jedenfalls noch einmal größer sein.

Und war es nicht auch im Fall von Michael Ciminos 1980 gedrehtem Spätwestern „Heaven’s Gate“ so, dass der mit jedem Dollar, den er mehr kostete, besser und besser wurde? Dass man diesen Film allein deshalb schon anders ansah, weil es hieß, er habe das verantwortliche Filmstudio in den Bankrott gestürzt? 40 Millionen Dollar hat „Heaven’s Gate“ übrigens damals gekostet. Soviel zu der Kategorie kleiner Film.