Auszeichnung in Stockholm vergeben: Ungar László Krasznahorkai erhält den Nobelpreis für Literatur

László Krasznahorkai, ungarischer Schriftsteller und Drehbuchautor, erhält in diesem Jahr den Nobelpreis für Literatur. Er ist für seine schwierigen und anspruchsvollen Romane bekannt, die oft als postmodern bezeichnet werden und dystopische und melancholische Themen behandeln.
Der 71-Jährige werde „für sein überwältigendes und visionäres Werk geehrt, das inmitten eines apokalyptischen Terrors die Macht der Kunst bekräftigt“, erklärte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm. Vielen Experten gilt er als der bedeutendste ungarische Autor der Gegenwart.
Mehrere seiner Werke, darunter seine Romane „Satantango“ (1985) und „Die Melancholie des Widerstands“ (1989), wurden für das Kino adaptiert. Er wurde 2015 mit dem britischen Man Booker International Prize ausgezeichnet.
Während sich eine schlampig geschriebene, mit Adjektiven vollgestopfte und auf bloße Wirklichkeitseffekte abzielende Literatur dadurch kennzeichnen ließe, dass in ihr zuweilen der Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen ist, könnte man László Krasznahorkais Texten das kunstfertige Gegenteil nachsagen: Man sieht bei ihm zuweilen vor lauter Wald die Bäume nicht.
Die oft absatzlos über Seiten wogende, sich von Komma zu Komma fortspinnende Gestalt seiner Texte macht den Eindruck einer geschlossenen Textdecke, die auch den gutwilligsten Leser abweist. Im Inneren aber herrschen eine mitreißende gedankliche Beweglichkeit, die heitere Gelehrsamkeit eines in sämtlichen Kulturen bewanderten Erzählers und eine inmitten aller Irrungen und Wirrungen manchmal unvermeidliche Komik.
Krasznahorkai ist der zweite ungarische Literaturnobelpreisträger. Der einzige ungarische Autor, der bisher mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, ist Imre Kertesz im Jahr 2002. Er erhielt die Auszeichnung für sein Gesamtwerk, insbesondere für seine Schilderungen der Erfahrungen eines Jungen im Holocaust, die tiefgreifende Einblicke in die menschliche Psyche unter extremen Umständen bieten.
Im vergangenen Jahr erhielt die südkoreanische Autorin Han Kang die renommierte Auszeichnung. Überreicht werden die Preise am 10. Dezember, dem Todestag des Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896). Dotiert sind die Auszeichnungen derzeit mit 11 Millionen Schwedischen Kronen, was ungefähr einer Million Euro entspricht.
Seit 1901 wurden damit 118 Mal Nobelpreise für Literatur an insgesamt 122 Preisträger vergeben. Der erste Preisträger war 1901 der französische Dichter und Essayist Sully Prudhomme (1837-1907). Bisher 13 Mal wurden deutschsprachige Autoren ausgezeichnet, darunter Thomas Mann (1929), Heinrich Böll (1972), Günter Grass (1999), Herta Müller (2009) und zuletzt Peter Handke (2019). (Tsp)