Die Oberflächen unserer Zeit: Was Menschen tun, um schöner zu werden

Was einen Menschen schön erscheinen lässt, ist schwer und leicht zu sagen. Das Foto einer jungen Hawaiianerin mit ebenmäßigem, sanft gezeichneten Gesicht, sonnengebräunt, der Blick fast abwesend. Man denkt: zauberhaft. Perfekt.

Oder ein Schauspieler mit markantem Kinn, ausgeprägten Wangenknochen und strahlend blauen Augen, groß, schlank und breitschultrig – das Publikum ist sich einig: ein gutaussehender, ein schöner Mann.

Sind es Attribute, die man nur genau genug benennen muss, um zu sagen, was jemanden zu einem schönen Menschen macht?

Die erwähnte Hawaiianerin, porträtiert von dem Fotografen Olaf Heine, wäre vor ein paar hundert Jahren schon aufgrund ihrer dunklen, in der Mitte gescheitelten Haare, nicht als Schönheit bewundert worden.

Es gab in England mal eine weibliche Haarmode, die darin bestand, die Haare am Ansatz auszuzupfen, um eine höhere Stirn zu haben. Die Autorin Rabea Weihser schreibt in ihrer faszinierenden „Biografie des Gesichts“ mit dem Titel „Wie wir so schön wurden“: „Frauen, die eine Autorität sein wollten, mussten Alabasterhaut und eine hohe Stirn künstlich herbeiführen. So rasierte und epilierte sich auch Queen Elizabeth I. den Haaransatz und tauchte ihr Gesicht danach in Bleischminke.“

Als das Alter ihr die Schönheit nahm, verließ sie ihre Wohnung nicht mehr: Marlene Dietrich, Ikone.

© Imago/Bridgeman Images/Dilz Diltz/Clarence Sinclair

Vor allem zeigt Rabeah Weihser, wie viele Dimensionen Schönheit hat. Allein das Kapitel über das Profil füllt 27 Seiten, man lernt, auf den Übergang von der Stirn zur Nase achten und auf die harmonische Wirkung eines Gesichts.

Dazu kommen Moden bis hin zur Form der Augenbrauen in einem Model-Gesicht und heute auch die Wirkung von Internetstars und Influencern. Kim Kardashian ist für Weihser „die berühmteste Oberfläche dieser Zeit“.

Dazu kommt die Unfairness des Alterns, das Frauen noch immer schmerzhafter trifft als die meisten Männer. Die einzig akzeptable Form des Anti-Agings sei eine Neudefinition des Alterns und des Alters, schreibt Weihser.

Ein schönes, auch das eigene Empfinden erhellendes Buch. Schönheit setzt sich aus der Summe ihrer Attribute zusammen. Und etwas muss dazu kommen: ein Leuchten.