Gute Planung ist alles: Eine Ökonomin rehabilitiert den Sozialismus

Nicht weniger als ein „sozialdemokratisches Jahrzehnt“ wollte man gestalten. Das rief Lars Klingbeil seiner Partei auf dem Weg ins Kanzleramt hinterher. Doch die Welt und die FDP hatten anderes im Sinn: Statt eines sozialdemokratischen Jahrzehnts wurden es schlecht moderierte Krisenjahre, und nun sitzt die SPD mit deutlich weniger Abgeordneten im neuen Bundestag als die rechtsextreme AfD. 

Auch andernorts sieht es nicht besser aus: Die Labour-Regierung von Keir Starmer hatte ihren Anfangszauber bereits verloren, noch bevor sie überhaupt gestartet war. In Frankreich ist man zwischen Macron und Le Pen eingekeilt, in Dänemark sucht man sein Unglück in restriktiver Migrationspolitik, und in Polen konnte man zusammen mit dem wenig linksradikalen Donald Tusk gerade so die PiS-Regierung ablösen.

Kurzum: Der politischen Linken, daran ändert auch Heidi Reichinnek nichts, geht’s nicht gut. Doch sie sucht nach Wegen der Wiederbelebung. Eine, die zur Reanimation herbeieilt, ist Grace Blakeley, Ökonomin aus England.

Man muss der Autorin nicht in ihrer vom Marxismus grundierten Analyse unseres Wirtschaftssystems folgen, um zu sehen, dass sich der Einfluss des Kapitals gerade rasend radikalisiert. Sie setzt bei dem Comeback linker Politik ihre Hoffnung auf Formen demokratischer Planung und stellt am Ende ihres Buches alternative Konzepte für kollektive Formen des Wirtschaftens vor: Vom Lucas-Plan in den Siebzigern bis zur „People’s Plan Campaign“ im indischen Bundesstaat Kerala.

In letzter Konsequenz sagt Blakeley nichts anderes als: Wenn überall geplant und kontrolliert wird, dann sollte diese Planung so demokratisch wie möglich gestaltet werden.

Die Gegenwart gibt ihren Argumenten Schützenhilfe: Der Kapitalismus tritt in ein autoritäres Zeitalter ein. Die Frage wird sein, welcher Einspruch laut genug formuliert wird, damit er nicht im Kettensägengeheul untergeht. Blakeleys Buch ist weder besonders laut, noch sind die Grundzüge ihrer Argumentation neu. Aber selbst für Konservative und Liberale ist es eine gute Erinnerung, sich keinen marktwirtschaftlichen Bären aufbinden zu lassen.