Keine Zeit für Müdigkeit: Hertha BSC muss sich nach dem bitteren Pokalaus in der Liga beweisen

Am Donnerstag sind in Miami die Gruppen für die Klub-WM ausgelost worden, die im kommenden Frühjahr zum ersten Mal in einem neuen Format ausgetragen wird. Am Ende der laufenden Saison steht für die Spitzenfußballer dann ein weiterer Wettbewerb an und damit auch eine zusätzliche Belastung, die viele schon jetzt als deutlich zu hoch empfinden.

Mit solchen Problemen muss sich Hertha BSC in der Regel nicht beschäftigen. Die Berliner spielen aktuell nur in der Zweiten Liga, und deren Spielplan ist so schön entzerrt, wie es sich viele Spitzenspieler nur wünschen können. Englische Wochen gibt es nicht. Beziehungsweise nur dann, wenn zu den Ligaspielen noch Auftritte im DFB-Pokal hinzukommen. So wie für Hertha in dieser Woche.

Am Mittwochabend, um kurz vor neun, ist für die Berliner das Pokal-Achtelfinale beim 1. FC Köln zu Ende gegangen. Und nur etwas mehr als 64 Stunden später muss Hertha am Samstag bei der Spielvereinigung Greuther Fürth antreten (13 Uhr, live bei Sky). Für Trainer Cristian Fiél und sein Team ist das eine durchaus anspruchsvolle Herausforderung, wie auch ein Blick in die Vergangenheit zeigt.

Seitdem Hertha im Mai 2023 in die Zweite Liga abgestiegen ist, hat die Mannschaft vier Englische Wochen mitgemacht. Als problematisch gilt dabei vor allem das dritte und letzte Spiel, vor allem, wenn man diesen Rhythmus nicht gewohnt ist. Von den Englischen Wochen für Hertha endeten zwei mit einer Niederlage.

Anfang des Jahres, drei Tage nach dem Pokal-Viertelfinale gegen Kaiserslautern, musste sich das Team des damaligen Trainers Pal Dardai dem ausgeruhten HSV im eigenen Stadion 1:2 geschlagen geben. Und vor gut einem Monat kassierte Hertha eine 0:1-Heimniederlage gegen den 1. FC Köln, der unter der Woche ebenfalls im Pokal gefordert war, nach seinem Spiel aber einen Tag mehr Pause hatte.

Der Plan war ein anderer. Sie haben mehr Minuten in die Beine bekommen, als es sein sollte.

Herthas Trainer Cristian Fiél über die hohe Belastung für die Rekonvaleszenten Reese und Demme

Dazu gab es in der vergangenen Saison ein 0:0 gegen den späteren Absteiger Hansa Rostock und einen 2:1-Erfolg beim 1. FC Kaiserslautern. Auch vor dieser Begegnung hatte Hertha ein kräftezehrendes Pokalspiel mit Verlängerung und sogar Elfmeterschießen bestritten.

Dardai nahm daher vier Veränderungen an seiner Startelf vor – mit der Folge, dass Hertha zur Pause 0:1 zurücklag und die Partie erst drehen konnte, nachdem Fabian Reese und Haris Tabakovic eingewechselt worden waren.

„Du brauchst Frische auf dem Rasen“, sagt Dardais Nachfolger Fiél, der deshalb gegen Fürth ebenfalls liebend gerne umfassend rotieren lassen würde. Die Frage ist nur, ob ihm dafür das nötige Personal zur Verfügung steht. „Die eine oder andere Option gibt’s immer“, sagt Herthas Trainer.

Die Personalsituation bleibt angespannt

Doch die Verletztenliste ist weiterhin lang, nachdem es am Mittwoch in Köln auch noch Kevin Sessa erwischt hat. Der Mittelfeldspieler musste nach einer knappen halben Stunde mit einem dick bandagierten Oberschenkel vom Platz.

Hinzu kommt, dass potenziell wichtige Stützen des Teams wie Fabian Reese und Diego Demme gerade erst nach langer bis sehr langer Verletzungspause auf den Platz zurückgekehrt sind. Eigentlich sollten sie behutsam herangeführt werden und die Intensität der Belastung langsam steigern.

Doch Demme hat schon in seinem zweiten Einsatz gleich 90 Minuten auf dem Platz gestanden. Weil er im Pokalspiel gegen Köln unplanmäßig für den verletzten Sessa ranmusste und die Partie erst in der Verlängerung entschieden wurde.

Reese hat mehr gespielt als geplant

„Der Plan war ein anderer“, sagt Fiél. „Sie haben mehr Minuten in die Beine bekommen, als es sein sollte.“ Das gilt auch für Reese, der bei seinem Comeback in Magdeburg vor einer Woche knapp 20 Minuten auf dem Platz stand und nun in Köln schon rund 50.

Ein Startelfeinsatz gegen Fürth nur drei Tage später sollte für ihn daher eigentlich ausgeschlossen sein. „Genau das sind die Überlegungen jetzt: Was ist da das Richtige?“, fragt Fiél.

Denn zur körperlichen Müdigkeit kommt womöglich auch noch eine mentale, nachdem Hertha in Köln rund 100 Minuten in Unterzahl spielen musste und trotz einer leidenschaftlichen Leistung kurz vor Schluss den Treffer zum 1:2-Endstand kassierte.

Fiél gestand seinen Spielern am Mittwochabend zu, dass sie „heute noch traurig, sauer und enttäuscht sein“ dürften, dass es schon am Tag danach aber ausschließlich um die Aufgabe bei Greuther Fürth gehen müsse.

„Vielleicht ist der Körper noch müde, weil du am Mittwoch ein schweres Pokalspiel hattest“, sagt Herthas Trainer, „aber sobald du auf den Platz gehst, musst du bereit sein. Dann gibt’s auch keine Ausreden.“

Zumal in seinem Kader genügend junge Spieler stünden, die von genau diesem Rhythmus träumten: von Spielen alle drei Tage, im Idealfall in der Liga und im Europapokal. „Da wollen sie alle hin“, sagt Cristian Fiél, „dann musst du da auch durch.“