Sparzwang gefährdet Künstlerische Forschung: Die Beziehungen in die Kunstwelt werden gekappt
Der Schock sitzt immer noch tief. Gerade arbeitete Geschäftsführerin Rike Frank mit den Fellows des Berliner Förderprogramms Künstlerische Forschung und den Kooperationspartnern an einer Publikation anlässlich des fünfjährigen Bestehens im kommenden Jahr, da platzte die Nachricht herein: eine 56-prozentige Kürzung des Budgets runter auf 350.000 Euro, die ab 1. Januar 2025 gilt.
Für die Künstlerische Forschung ist es ein schwerer Schlag, denn die dramatische Einsparung erwischt das Programm mitten in einem zweijährigen Förderzyklus. Dreizehn Stipendiaten und ihre Projekte sind damit gefährdet, abgesehen vom Erhalt des Raums in der Uferstraße und der Zukunft des Teams. Insbesondere die Künstler sehen sich großer Ungewissheit ausgesetzt angesichts ihrer häufig prekären Lebenssituation.
Doch nicht nur das Forschungsprogramm steht auf dem Spiel, sondern auch der gute Ruf Berlins als Stadt experimenteller Kunst. Unter Kultursenator Klaus Lederer war es ambitioniert aufgesetzt worden, ein Vorzeigeprojekt, einmalig in der Bundesrepublik und von vielen Seiten bewundert. Dahinter steckt die Idee, dass Kunst Wissen produziert, ein Wechselspiel zwischen Forschung und bildnerischem Schaffen besteht, wie sich am Programm vom Haus der Kulturen der Welt und auf Biennalen ablesen lässt. Künstler sind anders in der Lage, Wissen zu visualisieren und damit den gesellschaftlichen Wandel zu reflektieren.
Hier einen drastischen Schnitt vorzunehmen, würde auch eine Schwächung dieser besonderen Ressource bedeuten. Zugleich verweist die Liste der Kollaborationspartner darauf, wie stark das Förderprogramm mittlerweile eingebunden ist, welche Netzwerke aufgegeben würden. So gab es Kooperationen mit der Serpentine Gallery in London, dem Steirischen Herbst in Graz oder der Pinacoteca de São Paulo.
56
Prozent beträgt die Budget-Kürzung bei der Künstlerischen Forschung
Das auf der Documenta erstmals vorgestellte Institut Rose Valland von Maria Eichhorn, das zu NS-Raubkunst in Privatbesitz recherchiert, fand beim Forschungsprogramm eine Heimat. Die in Berlin lebende US-Künstlerin Holly Herndon untersuchte die Möglichkeiten von Chorgesang im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz und zeigt gerade ihre Ergebnisse in der Londoner Serpentine Gallery.
Dan Lie beschäftigt sich mit Ökosystemen und stellt in Berlin derzeit beim Preis der Nationalgalerie 2024 im Hamburger Bahnhof aus. Der Berlinale-Beitrag „Sonne Unter Tage“ von Mareike Bernien und Alex Gerbaulet entstand hier. Würden die aktuellen Projekte mitten in der Laufzeit enden, wäre es nicht nur eine verlorene Investition, sondern auch ein Bruch in den Beziehungen von Berlins Kunstszene in die Welt.