Hertha BSC kassiert kurz vor Schluss den Ausgleich
Pal Dardai hat dieser Tage ein ausführliches Referat über den Einfluss des Wetters auf die Beschaffenheit des Rasens im Berliner Olympiastadion gehalten. Sonne und Trockenheit in den nächsten Tagen, so seine These, werde das Geläuf noch ein bisschen unbespielbarer machen als weiterhin anhaltender Regen. Ob seiner Mannschaft das im Duell mit einem spielerisch überlegenen Gegner wie Bayer Leverkusen zupasskommen würde, das hat der Trainer von Hertha BSC nicht gesagt.
Der Rasen im Olympiastadion erinnerte am Sonntagnachmittag tatsächlich eher an den Untergrund bei einem Reit- und Springturnier (unmittelbar vor dem Ende der Veranstaltung) und nicht etwa an den passenden Rahmen für ein Fußballspiel. Welche der beiden Mannschaften jedoch mehr unter den unwirtlichen Bedingungen zu leiden hatte, lässt sich nur schwer beantworten. Oder so: beide.
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Die Gäste aus Leverkusen hatten vor 22.187 Zuschauern zumindest das bessere Ende für sich. Und das buchstäblich. In der 90. Minute staubte ausgerechnet der frühere Unioner Robert Andrich nach einem Freistoß noch zum glücklichen 1:1 für Bayer ab, das sein Team vor der ersten Auswärtsniederlage der Saison bewahrte. „Dieser Punkt fühlt sich natürlich gut an“, sagte Leverkusens Trainer Gerardo Seoane. Bei Hertha sah die Gefühlslage ein bisschen anders aus. „Ich kann gar nicht beschreiben, was mir in diesem Moment durch den Kopf gegangen ist“, sagte Maximilian Mittelstädt über den Ausgleich. „Aber wir müssen uns an die eigene Nase fassen.“
Dass es für Hertha lange Zeit nach einer geglückten Rehabilitation für die 0:2-Niederlage bei der TSG Hoffenheim eine Woche zuvor ausgesehen hatte, lag auch an den Wechseln, die Trainer Dardai vorgenommen hatte. Für den rotgesperrten Dedryck Boyata, für Deyovaisio Zeefuik und Krzysztof Piatek spielten Marton Dardai, Marvin Plattenhardt und Stevan Jovetic. Vor allem mit seiner Entscheidung für Jovetic als Mittelstürmer anstelle des zuletzt unauffälligen Piatek lag Dardai richtig. „Wenn er gespielt hat, hat er fast immer getroffen“, sagte er. „Mit seiner Beweglichkeit kann er Unordnung stiften.“
Kurz vor der Pause machte sich der Einsatz des neuen Stürmers richtig bezahlt. Mittelstädt gewann kurz vor dem Leverkusener Strafraum ein Kopfballduell gegen Ezequiel Palacios, Jovetic nahm den Ball gekonnt an und wuchtete ihn mit links in den Winkel. Ein echtes Kunsttor, dem auch die Begutachtung durch den Videoassistenten nichts mehr anhaben konnte. Bayers Linksverteidiger Piero Hincapie hatte mit seiner Fußsohle denkbar knapp das Abseits aufgehoben.
“Das Tor war überragend”
„Das Tor war überragend“, sagte Herthas Sportdirektor Arne Friedrich. „Besser abschließen kann man nicht.“ Davon abgesehen bot die erste Halbzeit, bedingt durch die grenzwertigen Platzverhältnisse, wenig Überragendes. Hertha machte es defensiv über weite Strecken sehr gut und hatte einige erfolgreiche Pressingmomente, so wie Mitte der ersten Halbzeit, als Suat Serdar seine gute Chance durch einen Ballgewinn selbst einleitete.
Knifflig wurde es für die Berliner nur, wenn die Gäste über ihre flinken Außenspieler hinter Herthas letzte Kette kamen. Die Leverkusener spielten solche Gelegenheiten aber oft nicht sauber genug aus. Als der Ball einmal im Tor der Berliner lag, wurde der vermeintliche Führungstreffer durch Andrich, der in der Jugend für Hertha BSC gespielt hatte, wieder einkassiert. Vor der Hereingabe von Amine Adli hatte der Ball bereits die Torlinie überschritten.
Die zweite Halbzeit begannen die Leverkusener zwar in unveränderter personeller Besetzung, aber wesentlich griffiger oder, wie es Trainer Seoane ausdrückte: „mit ein bisschen mehr Herz und weniger Struktur“. Das Geschehen spielte sich in den ersten Minuten vornehmlich in der Berliner Hälfte ab. Doch wie schon in den vergangenen Wochen ging Hertha die Arbeit in der Defensive mit großer Seriosität an. „Wenn eine Mannschaft so kämpft, das ist Gänsehaut“, sagte Dardai über sein Team.
Das einzige Manko war, dass Hertha die Gelegenheiten, das Spiel früh und endgültig für sich zu entscheiden, ungenutzt verstreichen ließ. Zehn Minuten nach der Pause wollte Jovetic nach schönem Zuspiel von Serdar direkt abschließen, obwohl er noch eine Menge Zeit gehabt hätte. Aus der Drehung schaufelte er den Ball eher Richtung Seitenaus als aufs gegnerische Tor.
Ab Mitte der zweiten Hälfte gerieten die Berliner immer stärker unter Druck, nicht zuletzt weil sie – wie schon vor zwei Wochen beim Heimsieg gegen Borussia Mönchengladbach – ihre Kontersituationen nicht allzu intelligent ausspielten. „Bestimmt zehn, zwölf Umschaltmomente“ hatte Trainer Dardai registriert. Trotzdem: „Unglücklich bin ich nicht, weil die Mannschaft eine gute Leistung gezeigt hat.“ Unglücklich war für Hertha nur das Ergebnis.