Zukunft der ZLB steht auf der Kippe: So blank, wird Joe Chialo nicht über die Galeries Lafayette verhandeln können
Das Drama um die Berliner Zentral- und Landesbibliothek ZLB geht in eine wahrscheinlich entscheidende Woche: Das Abgeordnetenhaus debattiert den Haushalt der kommenden Jahre. Weiterhin nicht darin enthalten: Irgendeine Vorstellung zur Zukunft der ZLB, der neben den Schulen wichtigsten Infrastruktur für Breitenbildung in dieser Stadt.
Dabei gäbe es im Unterschied zu dem Desaster der Schulbauten für die ZLB vielleicht (!) eine relativ schnelle Lösung: Bisher war ein Erweiterungsbau für die Amerika-Gedenkbibliothek geplant – nach aktuellen Schätzungen bestenfalls fertig um 2037 und schon nach aktuellen Preisen mindestens 640 Millionen Euro teurer.
Wird Joe Chialo mit den Eigentümern verhandeln können?
Stattdessen schlägt Kultursenator Joe Chialo (CDU) die Übernahme des Gebäudes der Galeries Lafayette vor. Das Haus passt perfekt, hat jetzt sogar das hyperkritische Berliner Immobilien-Management BIM festgestellt. Der aktuelle Besitzer Tishman Speyer verspricht eine Übergabe schon Ende 2026, fordert für Grundstück, Gebäude, Umbau sowie Neueinrichtung derzeit noch 589 Millionen Euro. Viel Geld. Doch ob Joe Chialo überhaupt mit den Eigentümern verhandeln darf, eben das wird voraussichtlich diese Woche entschieden. Und sein Projekt steht nach unseren Informationen auf der Kippe.
Vor allem Teile der Berliner SPD sperren sich vehement, den Haushaltsentwurf um Gelder für die ZLB zu ergänzen. Obwohl auch die zerstrittene Partei keine einzige ausführbare Alternative zu Chialos Vorschlag hat. Aber sie ist sich seit ihrem Wahldesaster offenbar in einem einig: Der CDU wird kein Erfolg gegönnt, und sei er noch so sinnvoll für Berlin.
Parteistrategische Blockade
Vergessen hat man dabei offenbar: Der Ausbau der ZLB war ursprünglich ein SPD-Projekt, ganz in der großen Tradition der Arbeiterbildungsbewegung, die seit der Kaiserzeit leidenschaftlich für Öffentliche Bibliotheken focht. Doch immer neue Anläufe kollabierten seit den 1980ern, während in Skandinavien, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Japan, den USA und einigen deutschen Städten wie Stuttgart neue, großartige öffentliche Bibliotheken für eine moderne Bildungs- und Integrationspolitik entstanden.
Es bleibt wohl nur eine Lösung: Die Berliner Abgeordneten sollten diese Woche die ZLB parteiübergreifend wieder zu einem Parlaments-Projekt machen. Nicht, um Chialos Projekt kritiklos durchzuwinken. Aber er muss wenigstens verhandeln können. Dafür braucht es eingestellte Gelder. Und wenn Chialos Verhandlungen scheitern, dann muss Berlin eben in den sauren Apfel eines Neubaus beißen, auch wenn der viel länger dauert und voraussichtlich teurer wird.
Aber rein parteistrategische Blockaden gehen nicht mehr an, jeder Besuch in der ZLB zeigt das. Übrigens, an die SPD: Bibliotheksprojekte können Wähler anziehen – in Hamburg treibt die dortige SPD auch deswegen das der ZLB-Planung vergleichbare „Haus der digitalen Welt“ mit Vehemenz voran.