Eröffnung des Kammermusikfestivals „Fliessen“: Mit Freude und Freunden
Wer raus aus Berlin aufs Land gezogen ist, freut sich fast immer, wenn mal Gäste aus der Hauptstadt vorbeischauen. Aber gleich 300 Leute? Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen haben es gewagt, haben Klassikfans aus nah und fern eingeladen in die historische Drauschemühle in Bornsdorf, wo sie mit ihren vier Kindern wohnen.
Anlass ist der Start des neuen Kammermusikfestivals „Fliessen“, das die Cellistin und der Pianist gegründet haben: Bis zum 15. Juli musizieren sie mit ihren Künstlerfreunden an fünf verschiedenen Orten im Spreewald vom Schlosshotel bis zu Glashütte. Und am Samstag geben auch in ihrer eigenen Scheune: Die Hälfte der Besucherinnen und Besucher hat drinnen Platz, die andere Hälfte draußen auf dem Rasen.
Kurz vor dem Ansturm der Neugierigen trifft man den Hausherrn noch barfuß an, weil er schnell noch den Rasenmäher wegschaffen will, zwei Stunden später sitzt er im weißen Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln am Steinway-Flügel, um mit der Geigerin Antje Weithaas und seiner Ehefrau Lili Boulangers „D’un matin de printemps“ zu interpretieren. „Mehr Anfang geht nicht“, ruft er anschließend in Mikrofon, und meint die Kombination aus den französischen Worten „Morgen“ und „Frühling“ im Stücktitel.
Klänge der Natur
Mehrere Kompositionen mit Naturbezug erklingen beim Eröffnungskonzert. Flötist Pirmin Grehl begeistert mit Olivier Messiaens „Le merle noir“, das vom Gesang der Amsel inspiriert ist, Cellistin Harriet Krijgh beschwört ausdruckstark Antonin Dvoraks „Waldesruh“, und auch Edward Elgars „Romanze für Fagott“ wird bei Theo Plath zum akustischen Streifzug durch den dunklen Tann.
Weil sämtliche 15 Mitwirkenden gleichzeitig vor Ort sind, bieten alle „Fliessen“-Programme Werke in wechselnden Besetzungen an: Neben den vier verschiedenen Solistenstücken mit Klavierbegleitung stehen am Samstag zwei Quintette, Schuberts berühmte „Forelle“ (mit Kontrabass), in vollendeter Eleganz dargeboten von einer Formation um Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen, und Dvoraks Opus 81 (mit doppelter Geige), das sich unter Tobias Feldmann als Primarius mitreißend entfaltet, lustvoll und leidenschaftlich. Dass hier in Bornsdorf echte Freunde zusammen Musizieren, ist in jedem Takt spürbar.