Ist das Kunst, Zeitvertreib oder Arbeit?: Das Atelier ist nicht immer ein geheimer Ort
Wie besonders, und besonders vielfältig, die Berliner Kunstszene ist, sieht man an den Flyern verschiedener Atelierstandorte, die derzeit zu sich einladen. Vergangenes Wochenende waren die Türen in 111 Ateliers im Bezirk Reinickendorf offen, etwa im neue Atelierhaus Auguste, das vom Berliner Atelieranmietprogramm entwickelt wird. Oder beim Künstlerhof Frohnau. Leider habe ich es dorthin nicht geschafft. Das Wochenende war verplant, die Chance, einige neue Räume zu sehen, verpasst.
Dem Zeitproblem begegnen die Macher:innen von „artspring“, indem sie ihr Kunstfestival im Bezirk Pankow gleich den ganzen Mai über laufen lassen. Es kulminiert in einem Offenen-Atelier-Wochenende Anfang Juni (3./4. Juni). Die mehrwöchige Laufzeit mit Ausstelllungen, Lesungen, Filmabenden ist aufwendig, alles wird von den Künstlerinnen und Künstlern selbst organisiert.
80 üppige Seiten umfasst die zugehörige Programmzeitung. Rund 300 Künstler:innen sind gelistet sowie 30 Atelierhäuser und Gemeinschaften in Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow, die man bei verschiedenen Gelegenheiten besuchen kann.
Und wie geht es weiter mit den Ateliers?
Auch „artspring“ musste sich erst entwickeln, fing vor etlichen Jahren klein an. Zunächst mit Förderung vom Bezirk, inzwischen mit Geld vom Senat und der EU. Manche Orte verschwinden, andere kommen hinzu. Viele haben die Worte des neuen Kultursenators bei seinem Abendschau-Interview noch im Ohr. „Klar ist: Es wird nichts so bleiben, wie es ist.“ Zwar macht sich Joe Chialo für die Erhaltung der Ateliers in den Uferhallen in Gesundbrunnen stark; er klingt trotzdem, als würde er sich bereits auf schrumpfende Kulturbudgets einstellen.
Dabei ist es gut möglich, dass Kunst in Zeiten immer schnellerer Rechnerleistung, artifizieller Gehirne und sich verändernder Berufe, an Wichtigkeit gewinnt. Vielleicht nicht, weil man damit Geld verdienen kann, aber, weil Menschen sich durch eigene Kreativität als Menschen erleben.
Aber zurück zu „artspring“. Leute, schwärmt aus! Nutzt die Gelegenheit. Das Festival macht auch an ungewöhnlichen Orten Station, Kapelle, Einkaufszentrum, Friedhof, Schrebergarten, Schaufenster.