Steigende Kosten, sinkende Budgets: Hat der Filmnachwuchs bald das Nachsehen?

Die Stimmung ist mies wie lange nicht. 77 Prozent der an der Herbstumfrage der Produktionsallianz teilnehmenden Film-Unternehmen bewerten die aktuelle Lage als „schlecht“ oder „sehr schlecht“, 21 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei den Fiction-Produktionen geben sogar 80 Prozent an, dass die Auftragslage seit 2022 „stark“ oder „sehr stark“ zurückgegangen sei.

Steigende Kosten, sinkende Budgets, das sind die Gründe. 120.000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, so Björn Böhning, Geschäftsführer der Allianz, die 375 audiovisuelle Unternehmen vertritt (von denen sich 59 Prozent an der Umfrage beteiligten). Hinzu kommt die lahmende, in Teilen wohl gescheiterte Reform der Filmförderung.

Das bisherige Gesetz läuft zum Jahresende aus, aber selbst wenn dessen Novelle, die die Ausschüttung der Abgaben an die Filmförderanstalt regelt, trotz Ampel-Aus vielleicht noch durchs Parlament geht, kann von einem großen Wurf nicht mehr die Rede sein.

Was Kulturstaatsministerin Claudia Roth mit Aplomb angekündigt hatte – ein Drei-Säulen-Modell mit Steueranreizen, Investitionsverpflichtung für Streamer und Sender und eben einem reformierten Gesetz –, droht wegen der desolaten politischen Lage im Sande zu verlaufen. Gleichwohl reagierte die Grünen-Politikerin am Freitag umgehend auf die Umfrageergebnisse der Produktionsallianz.

Sie räumt erstmals unmissverständlich ein, dass es in dieser Legislatur mit der Investitionsverpflichtung für Streamer und Sender nichts mehr wird. Aber sie will sich dafür einsetzen, dass die beiden anderen Säulen noch vor den Wahlen im Februar realisiert werden. Ein frommer Wunsch?

Wenn die Reform scheitert und es bei der schlechten Lage bleibt, werden Drehs ins Ausland verlegt. Dies geben fast 70 Prozent der befragten Unternehmen an. Im Fiction-Bereich macht das allein 500 Millionen Euro, die aus Deutschland abwandern, wie die Produktionsallianz vorrechnet. Vom „Ausbluten des Produktionsstandorts“ ist die Rede, und von bitteren Zeiten.

Volle Säle wie hier im Thalia in Babelsberg sind mehr und mehr die Ausnahme: 2024 ist ein deutlicher Besucherschwund zu verzeichnen.

© MANFRED THOMAS TSP

„Wenn gestrichen wird, dann zuerst bei uns“, warnen außerdem Filmstudierende aus ganz Deutschland. In einem Brandbrief fordern sie Finanzminister Jörg Kukies, Kulturstaatsministerin Roth und die Bundestagsabgeordneten auf, die Reform noch in diesem Jahr umzusetzen und die Grundlagen für eine zukunftsfähige Filmförderung zu schaffen.

Auch sie verweisen auf die dramatische Lage, wie sie in der Herbstumfrage deutlich wird. „Wir haben Angst“, schreibt der Filmnachwuchs. „Angst, dass wir trotz unserer Ausbildung keine Chancen mehr haben werden, unsere Geschichten zu erzählen. Angst, dass die Kinos leer bleiben und Produktionsfirmen schließen müssen.

Angst, dass wir in Deutschland keine Zukunft mehr finden und gezwungen sind, in Länder abzuwandern, die die Bedeutung von Kultur und Filmförderung längst erkannt haben.“ Die jungen Filmschaffenden hegen aber auch die Hoffnung, dass die Politik handelt, bevor es zu spät wird.