Aufregendes Länderspiel in Wembley: Die DFB-Elf verspielt den fast sicheren Sieg
Im Wembley-Stadion von London war am Montagabend ein beeindruckendes Schauspiel zu beobachten. Die riesige Arena lag komplett im Dunkel, nur abertausende Handytaschenlampen leuchteten auf den Rängen. Und das alles bei einer beachtlichen Stille von knapp 80..000 Menschen.
Noch einmal, unmittelbar vor dem Anpfiff der Nations-League-Partie zwischen England und Deutschland, wurde der verstorbenen Queen gedacht. In großer Würde.
Still war es auch nach dem Anpfiff phasenweise. Das lag vor allem daran, dass beide Teams sich anfangs schwertaten, das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. Das änderte sich allerdings in der zweiten Hälfte, als sich die Ereignisse regelrecht überschlugen.
Die Deutschen führten Mitte der zweiten Halbzeit 2:0, kassierten innerhalb von drei Minuten das 2:2, gerieten in der 83. Minute mit 2:3 in Rückstand und schafften immerhin durch ein Abstaubertor von Kai Havertz noch ein 3:3 (0:0)-Unentschieden.
Das Prestigeduell war auch das Aufeinandertreffen zweier Teams, die zuletzt gekriselt hatten; die Engländer, mit fünf Spielen ohne Sieg, noch ein bisschen mehr als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft.
Am Montag schien für das Team von Gareth Southgate die nächste Enttäuschung hinzuzukommen. Am Ende aber kämpften sich die Engländer zurück – und verschärften eher noch die Zweifel bei Bundestrainer Hansi Flick und seiner Mannschaft, die den sicher geglaubten Sieg noch aus der Hand gab. „Das darf nicht passieren, dass wir so eine Führung noch hergeben“, sagte Flick.
Italien qualifizierte sich fürs Final Four
Schon vor der Begegnung war klar, dass beide Mannschaften nicht mehr Gruppensieger werden konnte. Die Engländer standen sogar schon als Absteiger aus der Gruppe A der Nations League fest. Nur ein Tor und zwei Punkte waren für sie in fünf Begegnungen herausgesprungen. Fürs Final Four qualifizierten sich die Italiener, die im Parallelspiel durch einen 2:0-Erfolg in Budapest noch am bisherigen Tabellenführer Ungarn vorbeizogen.
Nach der Niederlage gegen eben diese Ungarn am Freitag hatte Bundestrainer Flick vier Änderungen vorgenommen. Für Antonio Rüdiger (Gelb-Sperre) sowie die enttäuschenden Serge Gnabry, Thomas Müller und Timo Werner rückten Thilo Kehrer, Nico Schlotterbeck, Jamal Musiala und Kai Havertz in die Startelf. Und es sah anfangs durchaus vielversprechend aus, was die umformierte deutsche Mannschaft auf den Rasen brachte.
Die Gäste bestimmten das Spiel. Sie versuchten, die verunsicherten Engländer früh zu stören, und hatten durch einen Distanzschuss von Ilkay Gündogan auch die erste Gelegenheit der Partie. Doch der Elan erlahmte schnell. Wie schon gegen die Ungarn fanden die Deutschen erneut wenig Mittel, die Defensive des Gegners in Bedrängnis zu bringen.
So hatten die Engländer vor der Pause sogar die besseren Chancen: zunächst durch Raheem Sterling, der nach einem Konter am glänzend reagierenden deutschen Torhüter Marc-André ter Stegen scheiterte und gleich darauf durch ihren Kapitän Harry Kane. Sein überlegter Volleyschuss im Anschluss an einer Ecke flog nur knapp am Tor vorbei.
Dem deutschen Vortrag fehlte es an Tempo, an Stringenz und an Präzision, so dass die Engländer meist wenig Mühe hatten, sich zu sortieren. Flick reagierte in der Pause, brachte Timo Werner für Jonas Hofmann, und tatsächlich begann die zweite Hälfte vielversprechend.
Dank Intervention des Videoassistenten, der Schiedsrichter Danny Makkelie auf ein Foul von Innenverteidiger Harry Maguire an Musiala aufmerksam machte. Der holländische Referee gab Elfmeter. Gündogan verwandelte sicher. „Ich nehme viele positive Dinge mit“, sagte Bundestrainer Flick über diese Phase im Spiel, in der die Deutschen klar überlegen waren. „Aber auch ein paar negative.“
Die Engländer mussten nach dem 0:1 ihre Verteidigungshaltung aufgeben, doch so richtig anfreunden konnten sie sich damit zunächst nicht. Der Mangel an Selbstvertrauen war ihnen deutlich anzumerken.
Fast folgerichtig legten die Deutschen durch einen schönen Schlenzer von Havertz einen weiteren Treffer nach (67. MInute). Die Sache schien entschieden, doch England schaffte durch Luke Shaw (72. Minute) und Mason Mount (75.) den Ausgleich, ehe Harry Kane sein Team mit einem Foulelfmeter (Nico Schlotterbeck an seinem Dortmunder Vereinskollegen Jude Bellingham) sogar in Führung brachte.
Dass es nicht zum Sieg reichte, lag auch an Torhüter Nick Pope, der einen eigentlich harmlosen Schuss des eingewechselten Serge Gnabry nicht festhalten konnte. Kai Havertz hatte drei Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit keine Mühe zum 3:3 abzustauben – und, aus deutscher Sicht, Schlimmeres zu verhindern. (Tsp)
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