Koreanisches Musikfestival in der Ufa-Fabrik: Wenn der Drachenkönig einen Hasen braucht
Pansori heisst das gesungene Epos, das in der Ufa-Fabrik beim Jeong Ga Ak Hoe-Festival für alte koreanische Musik eine seltene Aufführung erlebt. In dieser traditionellen Performance-Kunst, seit 2008 UNESCO-Weltkulturerbe, sind Stimme, Gestik und ein Fächer die einzigen Ausdrucksmittel. Eine Sänger:in (Kwangdae) erzählt die Handlung und singt sämtliche Figuren. Einzig eine Trommler:in (Gosu) bettet sie dabei in ein rhythmisches Fundament.
Mit „Sugungga – Das Lied vom Unterwasserpalast“ entführt die Pansori-Meisterin An Minyoung, begleitet von Chun Hyunjun und Sunwon Jinyoung, in die Welt der Fabel. Der an einer mysteriösen Krankheit leidende Drachenkönig der Südsee braucht zur Genesung die Leber eines Hasen; dieser hat allerdings keinerlei Interesse, in die Annalen der Medizin einzugehen.
Pansori ist nicht nur höchste Stimmkunst, sondern auch handfestes Volkstheater. Derbe Zoten gehören genauso dazu wie altchinesische Lyrik, Sprichwörter und medizinisches Wissen. Immer kreist die zeitlose Geschichte um Schein und Sein, die Leichtgläubigkeit der Mächtigen, träges Beamtentum und das gefahrvolle Überleben des listigen Hasen.
Reich verzierte Kantilenen und Rap-Gesang
Eine Sumpfschildkröte wird nach der Hasenleber ausgeschickt – dabei hat sie keine Ahnung, wie ein Hase eigentlich aussieht. An Minyoung deutet jede Nuance der Geschichte stimmlich aus.
Naturbeschreibungen werden in getragenen, reich verzierten Kantilenen ausgedrückt, in actionreichen Passagen prasseln dagegen die Silben in rasantem Tempo, das an Rap-Gesang erinnert. An Minyoungs minimalistische Gestik fokussiert den Blick auf sich und steigert die Dramatik noch zusätzlich, die Trommel sorgt für den Puls der Aufführung.
Die über drei Stunden dauernde Aufführung vergeht wie im Flug und ist nicht eine Sekunde langweilig. Dank der Übertitelung kann man der Haken schlagenden Geschichte mühelos folgen. Das europäische und koreanische Publikum amüsiert sich königlich und wirkt an der Aufführung mit, indem es die Aufführenden mit lauten Zurufen (Chuimsae) kräftig anfeuert: „Jodta“– Gut! „Chalhanda“ – Bravo!
All das wirkt so ganz anders als die höfische Zeremonialmusik Jongmyo Jeryeak, die vor kurzem in der Philharmonie gastierte: Ein Beispiel der enormen Vielfalt traditioneller koreanischer Musikkultur, die es hierzulande noch zu entdecken gilt.
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