Die Macht der Literatur
Daniel Kehlmann hat in der aktuellen Printausgabe der „Zeit“ einen schönen Vorschlag gemacht: „Kaufen Sie jetzt die ,Satanischen Verse’“. Denn er will, dass das Buch wieder in den Bestsellerlisten erscheint, auf dass die „Feinde der Kunst und des Lachens“ begreifen mögen, was „innere Freiheit“ ist. Allerdings braucht es diesen Vorschlag vermutlich gar nicht mehr. Denn schon am Tag des Attentats schienen nicht wenige Menschen auf den Gedanken gekommen zu sein, Salman Rushdies Schicksalsroman nochmal zu kaufen und zu lesen.
Bei Dussmann jedenfalls waren die Exemplare der Taschenausgabe, die es anscheinend vorrätig gab, in nullkommanix ausverkauft. Das Berliner Kulturkaufhaus hat danach gleich ordentlich nachbestellt, konnte aber nur vertrösten: Dauert sieben bis zehn Tage, bis die Bücher da sind. Auch in der „Buchbox“-Fililale in Prenzlauer Berg verhielt es sich nicht anders. Von drei Wochen Wartezeit war hier die Rede und dass man es bitte schön bei Dussmann versuchen möge. Nur gut, dass wir uns im digitalen Zeitalter befinden und es die „Satanischen Verse“ natürlich auch als E-Book gibt.
Bei Apple auf Platz 8
Rushdies Roman steht also in der deutschsprachigen btb-Taschenbuchausgabe in den vielen Amazon-Rankings auf Platz 195 in der Kategorie „Literatur & Fiktion“ (hier auf eins übrigens: „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens), auf Platz 285 im Kindle-Shop, auf Platz 48 im Kindle Shop in der Unterkategorie „Zeitgenössische Literatur“, auf Platz 55 in „E-Books mit Audible Hörbuch“ – alles sehr gute Plätze im Vergleich mit der deutschen Ausgabe seines jüngsten Romans „Quichotte“. Im „Spiegel“-Ranking ist „Satanische Verse“ nicht in den Top 20 bei den Taschenbüchern zu finden, klar, bei der Lieferdauer. Bei Apple jedoch, wo wir unsere Ausgabe herhaben, auf Rang 8 in der Kategorie „Belletristik und Literatur“ (auch hier auf eins: Der Owens-Roman).
Rushdie ist also damit auf dem Weg zurück in die Charts, ein gleichermaßen positiver und zynischer Effekt. Und dazu werden weitere Aktionen beitragen, so der Aufruf zur „weltweiten Lesung“ aus dem Rushdie-Werk am 29. September durch das Internationale Literaturfestival Berlin und der Vorschlag der Autorin Madame Nielsen bis zu diesem Tag auf allen Wegen „Die Satanischen Verse” öffentlich herumzutragen und daraus zu lesen.
Auch der PEN Berlin und das Berliner Ensemble sind tätig geworden und veranstalten am Sonntag, den 21. August, ab 18 Uhr 30 im Berliner Ensemble eine Solidaritätslesung mit Seyran Ateş, Priya Basil, Zoë Beck, Thea Dorn, Can Dündar, Eren Güvercin, Eva Menasse, Yassin Musharbash, Sven Regener, Judith Schalansky, Günter Wallraff und Deniz Yücel. gbar