Nimmt Eintracht Frankfurt Hertha BSC überhaupt ernst?

Am Samstagnachmittag wird im Olympiastadion das passieren, wogegen sich Sandro Schwarz in den vergangenen Tagen vehement gewehrt hat. Hertha BSC wird dann wieder einmal von der eigenen Vergangenheit eingeholt. Aber nur – und das dürfte dem neuen Trainer Schwarz gefallen –, um angemessen Abschied von ihr zu nehmen.

Der Berliner Fußball-Bundesligist hat einige ehemalige Angestellte und Funktionäre eingeladen, die ihre Tätigkeit für Hertha in den vergangenen Monaten beendet haben und die in den Wirren des Abstiegskampfes nicht gebührend verabschiedet werden konnten: Werner Gegenbauer zum Beispiel, den früheren Präsidenten, Arne Friedrich, den ehemaligen Sportdirektor, Benjamin Weber, den einstigen Nachwuchsleiter.

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Die Verabschiedung holt der Klub nun, auf Initiative des neuen Präsidenten Kay Bernstein, an diesem Samstag nach, zumindest bei denen, die nicht aus triftigen Gründen verhindert sind.

Wenn dann um 15.30 Uhr das Spiel gegen Eintracht Frankfurt angepfiffen werden wird, soll es idealerweise nur noch um die Gegenwart gehen. Die ist für Hertha schließlich kompliziert genug.

Die SGE siegte zuletzt dreimal bei Hertha

Zwei Pflichtspiele liegen hinter der Mannschaft, beide gingen verloren, und nun kommt zum ersten Heimspiel der Saison der aktuelle Europa-League-Gewinner und künftige Champions-League-Teilnehmer Eintracht Frankfurt ins Olympiastadion. Das ist die eine mögliche Sicht der Dinge. Die andere: Hertha BSC bekommt es mit Vorjahreselften der Bundesliga und dem aktuellen Tabellenletzten zu tun.

Dass die Frankfurter sich am Ende des Klassements einsortiert haben, liegt vor allem daran, dass erst ein Spiel gespielt ist und die Eintracht es dabei mit dem FC Bayern zu tun bekommen hat. Aus dem 1:6 der SGE im eigenen Stadion irgendwelche allgemeinen Schlüsse über den Zustand des kommenden Gegners zu ziehen wäre vermutlich recht naiv. „Gegen die Bayern wird wohl nicht nur Frankfurt unter die Räder kommen“, sagt Herthas Mittelfeldspieler Kevin-Prince Boateng, der selbst ein Jahr für die Eintracht gespielt hat.

Die Achtung vor den Frankfurtern ist unverändert groß, und das nicht nur weil Hertha die jüngsten drei Heimspiele gegen die Eintracht verloren hat, recht deutlich sogar: 1:4, 1:3, 1:4. „Sie haben einen sehr breiten Kader, sind qualitativ sehr gut und verteidigen sehr kompakt“, sagt Trainer Schwarz.

Der Alltag nach dem Höhepunkt. Für Sebastian Rode und die Eintracht heißt es am Wochenende Hertha statt Real.Foto: dpa

Dass die Eintracht noch am Mittwoch in Helsinki, im europäischen Supercup gegen Real Madrid, im Einsatz war, sieht er nicht zwingend als Vorteil. „Wir sind am Anfang der Saison. Von daher spielt die Doppelbelastung keine große Rolle“, sagt Schwarz.

Sein Kollege Oliver Glasner, Trainer der Eintracht, klang nach der 0:2-Niederlage gegen Real ein wenig anders. „Wir hätten uns eine andere Ansetzung gewünscht, weil wir die deutsche Bundesliga heute vertreten haben“, klagte er. „Jetzt müssen wir am Samstag in Berlin ran bei über 30 Grad.“

Netter Versuch, aber bei Hertha will sich niemand darauf verlassen, dass die Eintracht noch müde ist von ihrer Dienstreise nach Finnland. „Das wird zur Routine“, sagt Kevin-Prince Boateng. „Sie werden Samstag mit voller Power ankommen.“

Diese Power will auch Hertha auf den Platz bringen, erst recht nach dem eher mauen Auftritt am vergangenen Wochenende im Derby gegen Union. Die Reaktion im Training hat Trainer Schwarz gefallen. Seine Mannschaft habe „eine sehr gute Energie gezeigt“, sagte er. „Das brauchen wir auch am Samstag.“

Viele neue Möglichkeiten für Trainer Schwarz

Personell hat er fast freie Auswahl. Mit Jean-Paul Boetius ist unter der Woche ein neuer Mittelfeldspieler hinzugekommen, der durchaus – womöglich für Boateng – ein Kandidat für die Startelf ist. Auch Lucas Tousart steht nach Ablauf seiner Sperre aus der Relegation wieder zur Verfügung. Und in der Offensive könnten Chidera Ejuke und Wilfried Kanga (für Myziane Maolida und Davie Selke) erstmals von Anfang an spielen.

Für die Frankfurter hingegen steht im Olympiastadion das erste Bundesligaspiel nach und ohne Filip Kostic an. „Gut für uns“, findet Boateng. Während Sportchef Fredi Bobic sagt: „Das bedeutet nicht, dass es für uns leichter wird.“ Ohne Kostic, den Bobic in seiner Zeit in Frankfurt zur Eintracht geholt hat, sei die Mannschaft womöglich schwieriger auszurechnen.

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So ist eben, bevor das Spiel gespielt ist. Man kann alles so sehen. Oder so. Manche hoffen auch darauf, dass die Eintracht nach den Highlights zu Saisonbeginn, dem Spiel gegen die Bayern und dem Supercup gegen Real, Schwierigkeiten mit dem grauen Alltag namens Hertha bekommen könnte.

Für Trainer Sandro Schwarz sind solche Spekulationen irrelevant. „Wichtig ist nicht, in welcher Stimmungslage die Frankfurter hierhinkommen“, sagt er. „Wichtig ist unsere Stimmungslage.“