Der 1. FC Union lässt Müdigkeit nicht als Ausrede gelten
Für die Profis des 1. FC Union wäre es nicht schwer gewesen, Ausreden für die schwache Leistung beim 1:2 in Frankfurt am Sonntag zu finden. Eine Englische Woche ist für eine Mannschaft mit den finanziellen und personellen Mitteln der Berliner immer noch eine Herausforderung. Erst recht, wenn sie Reisestrapazen wie am vergangenen Freitag beinhaltet, als die Berliner aus Haifa „zehn, elf Stunden“ unterwegs waren, wie Rani Khedira erzählte.
Doch der 27 Jahre alte Mittelfeldspieler wollte die Belastung erst gar nicht als Entschuldigung gelten lassen. Man können nicht wegdiskutieren, dass die Mannschaft nicht so frisch wie gewünscht gewesen sei. „Das darf aber keine Ausrede sein. Wir sind Profis, wir wollen international spielen“, sagte Khedira.
Dass Union gegen die Eintracht in der ersten Halbzeit völlig chancenlos war und Glück hatte, nicht mit zwei, drei oder vier Toren in Rückstand zu liegen, lag an einer Kombination schwieriger Umstände. Die Berliner wirkten müde, Frankfurt setzte sie enorm unter Druck und so konnte die Mannschaft von Urs Fischer kaum mal bei eigenem Ballbesitz durchatmen.
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Khediras Nebenmann im Mittelfeld, Grischa Prömel, lief mit 13,11 Kilometern mehr als jeder andere Bundesliga-Profi am vergangenen Wochenende. Das ist natürlich Ausdruck außerordentlicher Fitness und guter Einstellung, aber in diesem Fall auch eine Konsequenz der vielen Ballverluste.
„Da musst du cleverer im eigenen Ballbesitz sein“, fasste Khedira die Berliner Probleme zusammen. „Wenn du viele Fehler machst, musst du viele Wege gehen – und wenn dann noch ein Gegenspieler wie Kostic dauernd in die Tiefe geht, tut das weh und raubt dir viel Energie.“ Auch bei Khedira selbst war es um jene nicht sonderlich gut bestellt. Der Sechser, der im Sommer aus Augsburg kam und seitdem in der Berliner Zentrale kaum eine Minute verpasst hat, machte ein eher schwaches Spiel und wurde schon nach einer knappen Stunde ausgewechselt.
Bis zum nächsten Heimspiel am Freitagabend gegen Rasenballsport Leipzig hat Union etwas mehr Zeit zur Regeneration und Vorbereitung. Khedira hat zwischen 2014 und 2017 für die Sachsen gespielt und auch wenn er damals sehr viel gelernt habe, fühle er sich dem Verein nicht mehr sonderlich verbunden. „Ich bin über vier Jahre weg, von daher stecken jetzt 100 Prozent Union in mir“, sagte Khedira.
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Passenderweise steht nach dem Duell mit den Leipzigern, gegen die sich die Berliner am letzten Spieltag der Vorsaison durch ein Kopfballtor von Max Kruse in der Nachspielzeit erst für den Europapokal qualifiziert haben, das entscheidende letzte Gruppenspiel in der Conference League an. Das Spiel gegen Slavia Prag am Donnerstag der kommenden Woche sei „das Finale, das wir uns alle gewünscht haben“, so Khedira.
Dass die aktuelle Woche mit vier spielfreien Tagen für dieses Jahr die letzte halbwegs entspannte sein wird, stört ihn trotz aller Doppelbelastung nicht. Für das Gefühl, international zu spielen und sich regelmäßig in „schönen Stadien auf hohem Niveau zu messen“, nehme er diese zusätzlichen Herausforderungen gerne in Kauf. „Das ist ungewohnt und erfordert viel mentale Arbeit. Du musst alle drei Tage im Wettkampfmodus sein, dir fehlt viel Trainingszeit“, sagte Khedira. „Aber ich finde, das ist ein unheimlich schöner Rhythmus.“