Der 1. FC Union ist endlich wieder eklig

Was sich am Sonntag im Stadion An der Alten Försterei ereignete, erinnerte ein wenig an den ersten Sieg des 1. FC Union in der Fußball-Bundesliga. Vor ziemlich genau zwei Jahren bezwangen die Berliner im dritten Spiel nach dem Aufstieg Borussia Dortmund und sorgten für ein erstes dickes Ausrufezeichen auf der ganz großen Bühne. Solch eine Sensation wie damals ist ein Sieg gegen die andere Borussia aus Mönchengladbach längst nicht mehr, doch einige Parallelen waren auffällig. Weniger Ballbesitz bei einem Sieg als am Sonntag (28 Prozent) hatte Union nur 2019 gegen Dortmund (26). In beiden Spielen hatte der technisch überlegene Gegner die Kontrolle und drängte die Berliner phasenweise bis in den Strafraum. Dennoch verdiente Union sich die Siege mit viel Laufarbeit, einer kompakten Defensive und eiskalten Kontern.

Ein großer Unterschied bestand dennoch – und dieser verdeutlicht die Entwicklung, die das Team in den vergangenen Jahren gemacht hat, vom Bundesliga-Debütanten zum Europapokalteilnehmer. Während vor zwei Jahren alle Beteiligten glücklich beseelt waren, mischten sich am Sonntag auch kritische Stimmen in den Jubel. „Im Spiel mit dem Ball taten wir uns schwer, wir waren hektisch und nicht so präzise“, bemängelte Trainer Urs Fischer. Für Max Kruse, der im Zusammenspiel mit Taiwo Awoniyi einmal mehr seine Extraklasse bewies, war das Spiel aufgrund vieler langer Bälle seiner Mannschaft „kein Schmankerl“. In der vergangenen Saison habe das Team schon gezeigt, dass es sehr guten Fußball spielen könne, sagte Kruse und warnte: „Wir wollen uns auch nicht zurückentwickeln.“

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Während im Spiel mit dem Ball trotz des exzellent herausgespielten zweiten Tores noch viel Luft nach oben ist, war an der Abwehrarbeit wenig auszusetzen. Gladbach hatte zwar ein klares optisches Übergewicht, fand gegen die kompakte Berliner Fünferkette aber kaum Lücken. „Wir haben sehr gut verteidigt und hatten eine brutale Mentalität“, sagte Torschütze Niko Gießelmann und sprach dabei zwei Punkte an, die Union schon in den vergangenen beiden Jahren auszeichnete und die von vielen Gegnern mit dem Adjektiv „eklig“ zusammengefasst wird.

In den ersten Spielen dieser Saison hatten die Berliner noch ungewohnt große Lücken in der Hintermannschaft offenbart. Am deutlichsten zeigte sich dies beim zweiten Gegentreffer in Hoffenheim, als Union im Mittelfeld nicht in den Zweikampf kam und die Zuordnung in der letzten Reihe nicht stimmte. Gegen Gladbach funktionierte die Defensivarbeit schon deutlich besser. Die Mannschaft verschob gut, gewann den Großteil der entscheidenden Zweikämpfe und ließ nicht viele klare Torchancen zu. „Das war ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Fischer. Verbesserungspotenzial sei zwar weiter vorhanden, doch das sei in dieser Phase normal. „Wir hatten einen Umbruch und das braucht Zeit.“

Was passiert mit Marvin Friedrich?

Zufrieden war der Schweizer Trainer mit Paul Jaeckel. Der 23 Jahre alte Neuzugang aus Fürth rückte in die Startelf und zeigte bei seinem erst zweiten Einsatz eine starke Leistung. Jaeckel ließ Marvin Friedrich, der nach 44 Ligaspielen in Folge gesperrt pausieren musste, nicht vermissen und war zweikampfstärkster Berliner. Für Union ist das ein gutes Zeichen, denn bis zum Transferschluss am Dienstagabend ist ein Abschied Friedrichs nicht ausgeschlossen. Einen Wechsel zu Hertha, über den am Sonntag spekuliert wurde, schloss der begehrte Abwehrchef zwar bei „Sport1“ aus. Doch an Interessenten mangelt es bei einem Spieler dieser Qualität mit einem 2022 auslaufenden Vertrag natürlich nicht.

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Doch auch auf der Zugangsseite ist bei Union einiges in Bewegung. Am Montag verkündeten die Berliner die ablösefreie Verpflichtung von Bastian Oczipka. Der 32 Jahre alte Linksverteidiger verfügt über die Erfahrung von 286 Bundesliga-Spielen, stand bis Ende Juni bei Schalke 04 unter Vertrag und war seitdem vereinslos. Außerdem soll Union an Innenverteidiger Marco Friedl (23) und Mittelfeldspieler Kevin Möhwald (27) von Werder Bremen interessiert sein. Während Union in der Verteidigung quantitativ wie qualitativ gut aufgestellt ist, würde eine Verstärkung im defensiven Mittelfeld durchaus Sinn ergeben.

Bastian Oczipka (rechts, hier gegen Bayerns Serge Gnabry) stand bis Ende Juni bei Schalke 04 unter Vertrag.Foto: Matthias Balk/dpa

Bisher agieren die Berliner meist mit Rani Khedira als alleinigem Sechser und zwei deutlich offensiveren Spielern davor. Nachhaltig überzeugt hat diese Herangehensweise aber noch nicht. Der Abgang von Robert Andrich nach Leverkusen hat eine Lücke hinterlassen – im Spiel mit und im Spiel gegen den Ball.

Doch auch ohne einen Transfer von Möhwald ist hier Besserung in Sicht. Im Freundschaftsspiel bei Lichtenberg 47 am Mittwoch wird Grischa Prömel nach längerer Verletzungspause vermutlich erstmals wieder zum Einsatz kommen und die Länderspielpause gibt Zeit für Training und Erholung. „Wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen“, sagte Fischer. „Jetzt gilt es, die nächsten zwei Wochen zu nutzen.“