1. FC Union enttäuscht beim 1:1 gegen Fürth
Einer nach dem anderen schlurften die Kollegen zu Nick Viergever und klopften ihm aufmunternd auf den Rücken, doch der Innenverteidiger von Greuther Fürth vergrub den Kopf in seinem Trikot. Es lief die 72. Minute im Stadion An der Alten Försterei und Viergever hatte gerade einen Fehler begangen, der die Saison des Absteigers ziemlich gut illustrierte: Nicht schlecht gespielt, in Führung gegangen – und sich selbst um den Lohn gebracht.
Der Verteidiger weiß vermutlich selbst nicht, wie er auf die fatale Idee gekommen ist, am eigenen Fünfmeterraum ins Dribbling gegen Sven Michel zu gehen, doch für den ausnahmsweise mal ganz schwachen 1. FC Union war es im 100. Bundesligaspiel vermutlich die einzige Art und Weise, an diesem Freitagabend ein Tor zu erzielen. Am Ende reichte es nach Treffern von Branimir Hrgota und Michel so zumindest zu einem 1:1 (0:1). Mit 51 Punkten stehen die Berliner nun zwar besser da als je zuvor in einer Bundesligasaison, doch überwog die Enttäuschung über eine vergebene Chance im Kampf um die Europapokalqualifikation. “Die erste Halbzeit war grottenschlecht und dann musst du auch mal mit einem Punkt zufrieden sein”, sagte Unions Mittelfeldspieler Rani Khedira.
Urs Fischer nahm nach dem 2:1 in Leipzig vor einer Woche nur einen Wechsel vor. Für den positiv auf das Coronavirus getesteten Andras Schäfer kehrte Genki Haraguchi in die Startelf zurück. Bei den Fürthern fiel der zukünftige Berliner Paul Seguin mit einem Muskelfaserriss aus, wurde im Stadion aber bereits freundlich begrüßt. Das galt auch für den ehemaligen Union-Profi Sebastian Griesbeck.
Im Vorfeld hatte Fischer vor dem Gegner und der besonderen Situation gewarnt. „Da ist alles möglich, auch dass sie befreit aufspielen können“, sagte der Trainer und schon nach wenigen Minuten wurde deutlich, dass Fürth den seit einer Woche feststehenden Abstieg gut verkraftet hat. Die Gäste ließen den Ball laufen, hatten das Spiel im Griff und setzten Union sofort unter Druck.
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Die Berliner machten den Eindruck, als hätten sie den Gegner trotz aller Warnungen ihres Trainers unterschätzt. Nach vier Siegen in Folge mit teilweise begeisternden Leistungen spielten sie erstaunlich fahrig und mutlos. Im Spielaufbau fiel Union nicht viel mehr ein, als hohe Bälle in die Spitze, die Ballkontrolle und die guten Kombinationen der vergangenen Wochen fehlten fast gänzlich.
Das drückte sich auch schnell im Chancenverhältnis aus. Nach einer flachen Hereingabe von rechts schlug Hrgota am Elfmeterpunkt freistehend ein Luftloch und es folgten weitere Chancen nach ähnlichem Muster. Auf den Außenbahnen hatte Union massive Probleme und fand keine richtige Zuordnung. Fürth überlud die Seiten im 3-4-3 regelmäßig und brachte den Ball gefährlich in die Mitte.
Fürth hatte Union schon im Hinspiel geärgert
Nur fünf Minuten nach Hrgotas vergebener Möglichkeit kam Fürth der Führung noch näher. Eine flache Hereingabe von Jamie Leweling traf Jessic Ngankam nicht sauber und aus der zweiten Reihe schoss Tobias Raschl den Ball an die Unterkante der Latte, von wo er auf die Linie und zurück ins Feld prallte.
Union brachte nur einen nennenswerten Angriff zustande. Nach Christopher Trimmels direkter Hereingabe fehlte bei Taiwo Awoniyis Abschluss jedoch ein halber Meter. Dass Dominique Heintz nach 23 Minuten verletzt vom Platz musste, verbesserte die Situation der Berliner auch nicht. Da in Abwesenheit des erkrankten Timo Baumgartl kein gelernter Innenverteidiger mehr zur Verfügung stand, rückte Julian Ryerson links in die Dreierkette.
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Als Fürths anfänglicher Druck langsam nachzulassen schien, belohnten sich die Gäste doch noch für ihre starke Leistung. Eine Freistoßflanke von Jetro Willems klärte Robin Knoche vor die Füße von Hrgota, der den Ball von halbrechts sehenswert in den Winkel schlenzte und Frederik Rönnow keine Chance ließ. “Das war eine der besten ersten Hälften, die wir dieses Jahr gespielt haben”, sagte Fürths Trainer Stefan Leitl.
In der Halbzeit reagierte Fischer und brachte Andreas Voglsammer für Haraguchi. Union attackierte nun höher und es brauchte nicht viel Vorstellungskraft, um sich den Tenor der Halbzeitansprache vorzustellen. Spielerisch waren die Fortschritte allerdings begrenzt. Den Berlinern war der Wille anzusehen, aber wie bei der 0:1-Hinspielniederlage war es sehr ideenlos, was sie gegen das Schlusslicht in der Offensive anboten. Viel mehr als eine Halbchance aus dem Strafraumgewühl und einen harmlosen Schuss von Awoniyi ließen die Gäste, die nun tiefer standen und nicht mehr viel nach vorne machten, lange nicht zu.
Fischer versuchte es deshalb mit dem Erfolgsrezept von Leipzig und das zahlte sich erneut aus. Kevin Behrens sowie Michel kamen 20 Minuten vor Schluss ins Spiel und zwei Minuten nach seiner Einwechslung nutzte Michel Viergevers Blackout. Mehr gelang Union allerdings nicht mehr.