„Wie Viktoria Köln – nur in besserer Qualität“
Auf ein Podest gehoben zu werden schon in einer sehr frühen Saisonphase, das sind die Fußballer gewöhnt beim FC Bayern. Das war im vergangenen Jahr so. Und auch im Jahr davor. Eigentlich immer, wenn der Start ins neue Spieljahr gelingt. Die Konkurrenz muss dann schauen, nicht schon im Herbst den Anschluss zu verlieren. Dass nun aber der eigene Trainer mitmacht, ist neu.
Wenn Julian Nagelsmann in diesen Wochen über seine Mannschaft spricht, fallen immer wieder die gleichen Worte. Er hebt die „Energie“ hervor, die „Power“, den „Geist“ in der Kabine, das „Miteinander“ – vor jedem Spiel, nach jedem Spiel. Auch vor dem Duell mit dem 1. FC Union an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) wird das wohl zu seinem Standard-Repertoire gehören, allerdings musste erst einmal noch ausgiebig der standesgemäße 5:0-Pokalsieg beim Drittligisten Viktoria Köln am Mittwoch gewürdigt werden.
Womöglich findet Nagelsmann das alles auch deshalb so bemerkenswert, weil es eben vor ein paar Monaten noch ganz anders war. „Die Mannschaft ist aktuell nicht mit der am Ende der vergangenen Saison zu vergleichen“, sagt Nagelsmann. Jener, die im Champions-League-Viertelfinale im FC Villarreal an einem Außenseiter scheiterte und sich in der Bundesliga ohne Elan und Esprit ins Ziel – sprich zum Titel – quälte.
Dass der FC Bayern nun irgendwie in einem neuen Glanz erstrahlte, obwohl mit Robert Lewandowski einer der Erfolgsgaranten ging, ist mit der Kaderplanung zu erklären, die zu mehr Konkurrenzsituation und höherer Flexibilität führte. Sportvorstand Hasan Salihamidzic hat in diesem Sommer bewiesen, dass er gelernt hat, ziemlich gut zu verhandeln auf dem Transfermarkt.
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Aber auch Nagelsmann scheint die richtigen Konsequenzen aus der vergangenen Saison gezogen zu haben. Der mit 35 Jahren noch immer junge Trainer hat sich neu erfunden, seinen Führungsstil verändert, angepasst an Spieler, die aufgrund ihrer Qualität und Erfahrung mehr Verantwortung übernehmen können und vor allem wollen, als dies bei seinen früheren Stationen Hoffenheim und Leipzig der Fall war.
Der eine oder andere schon länger im Verein weilende Spieler mag sich im vergangenen Jahr ein wenig an die Zeit unter Pep Guardiola erinnert haben, der ebenfalls seiner Mannschaft viel abverlangt und sie manchmal sogar überfordert hatte. Auch damals wirkte der FC Bayern oft in der entscheidenden Saisonphase platt. Es sei ja „keine Quantenphysik“ gewesen, die er seinen Spielern vermitteln wollte, sagte Nagelsmann, aber er habe seine Kommunikation „runterreduziert“.
Gegen Union wird Nagelsmann wohl wieder auf seine Routiniers zurückgreifen
Auch die Rotation scheint gut zu funktionieren. Im Pokal in Köln veränderte Nagelsmann die Mannschaft auf sieben Positionen, aber ließ mit dem gleichen System spielen wie in der Liga – und wie die Bayern vermutlich auch bei Union antreten werden. Dass sich am Mittwoch gleich ein paar Startelf-Debütanten für höhere Aufgaben empfahlen, war Nagelsmanns Plan. „Die Konkurrenzsituation ist gut, wenn auch für mich nicht leicht. Aber besser als anders herum“, sagte er nach den guten Auftritten von Ryan Gravenberch, Noussair Mazraoui und vor allem der Leistung des erst 17 Jahre alten Mathys Tel, der mit seinem Tor ein wenig an Arjen Robben erinnerte.
Am Samstag werden wohl wieder die Routiniers ins Team zurückkehren – es geht um die Tabellenspitze. Nach dem Unentschieden gegen Gladbach will Nagelsmann nichts riskieren. Die Pflichtaufgabe im Pokal sieht er als gute Vorbereitung auf das Spitzenduell. „Union spielt ähnlich wie Viktoria Köln“, sagt der Bayern-Trainer. „Nur in besserer Qualität.“ Weshalb es nicht unbedingt zum gleichen Ergebnis führen muss.