Wie sich US-Star Phil Mickelson ins Abseits manövrierte
Tiger Woods überstrahlte in den Tagen vor dem US Masters und während seiner formidablen Auftaktrunde am Donnerstag alles. Der Golf-Superstar hatte es tatsächlich wahr gemacht und über ein Jahr nach dem schweren Autounfall sein Comeback beim größten Turnier der Welt in Augusta gegeben. Auf seinen ersten 18 Löchern bei einem offiziellen Profi-Event seit fast anderthalb Jahren wurde Woods von den Fans begeistert gefeiert.
Zwar humpelte der 46-Jährige leicht – vor allem, wenn er bergab ging – doch ansonsten erinnerte viel an den Spieler, der seinen Sport über Jahre geprägt hatte und das Masters allein fünf Mal gewinnen konnte. Und tatsächlich scheint ein sechster Triumph in diesem Jahr nicht völlig ausgeschlossen, nach dem ersten Tag lag Woods mit einem Schlag unter Par auf dem geteilten zehnten Platz.
Bei all dem Hype verkam die Abwesenheit von Woods’ ewigem Rivalen Phil Mickelson beinahe zu einer Randnotiz. Im vergangenen Jahr noch hatte er bei der PGA-Championship Geschichte geschrieben und mit fast 51 als ältester Spieler ein Major-Turnier gewinnen können. Beim Masters hatte er zuvor dreimal triumphiert und war seit 1994 stets dabei. In diesem Jahr schaffte es Mickelson nicht einmal zum traditionellen Champions Dinner am Dienstag.
Schon seit einigen Wochen ist Mickelson komplett abgetaucht. „Lefty“ – wie ihn seinen zahlreichen Fans in den USA nennen – hat sich eine Auszeit genommen. Schuld daran ist in gewisser Weise auch das Königreich Saudi-Arabien und die dortigen Pläne eine neue Konkurrenz-Tour zu denen der PGA in den USA und der European Tour aufzuziehen. 255 Millionen US-Dollar schwer soll diese sogenannte Super Golf League sein, schon im Juni könnte das erste von insgesamt acht Turnieren stattfinden.
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Greg Norman, der berühmte australische Ex-Profi, ist der CEO der offiziell „LIV Golf Invitational Series“ genannten Tour. Und er hofft weiterhin darauf, viele große Stars bei den hoch dotierten Events präsentieren zu können. Dass Phil Mickelson einer von ihnen ist, gilt allerdings nicht mehr als besonders wahrscheinlich. Im Februar holte der Gewinner von insgesamt sechs Major-Turnieren zum Rundumschlag aus.
Zunächst unterstellte er der US-Tour eine „unausstehliche Gier“ und schien mit den Saudi-Plänen durchaus zu liebäugeln – wenn auch auf ein etwas krude Art. So sagte er unter anderem: „Dort werden Leute hingerichtet, weil sie schwul sind. Warum sollte ich das überhaupt in Betracht ziehen, wenn ich all das weiß? Weil dies eine einmalige Gelegenheit ist, die Arbeitsweise der PGA-Tour neu zu gestalten.“ Diese würde auf einem Haufen Geld sitzen, die Spieler schlecht behandeln und mit den Medienrechten Milliarden verdienen.
Doch Mickelson verscherzte es sich nicht nur mit seiner Heimattour, die ihn groß gemacht hat und der er hunderte von Millionen Dollar Vermögen verdankt. Er schoss wenig später auch gegen Saudi-Arabien und nannte die Machthaber dort „scary Motherfucker“. Als sich auch noch viele Kollegen von ihm abwendeten und einer seiner Topsponsoren die Zusammenarbeit beendete, verschwand Mickelson von der Bildfläche. Offiziell, weil er mehr Zeit mit der Familie verbringen wollte. Unter der Hand hieß es allerdings auch, dass er einer Sperre der US-PGA-Tour zuvorgekommen sei.
Mickelson nannte die Machthaber in Saudi-Arabien „scary Motherfucker“
Denn die Verantwortlichen machten zuletzt noch einmal unmissverständlich klar, dass alle, die sich für die saudische Super League entscheiden, bei PGA- Events nicht mehr starten dürften. Der Saudi-Plan mit Greg Norman an der Spitze scheint zum Rohrkrepierer zu verkommen, bevor überhaupt der erste Schlag ausgeführt ist.
Zumal es abgesehen von einigen Altstars auch kaum namhafte Profis geben soll, die ein Interesse an der neuen Tour haben. „Ich sehe einfach nicht den Wert darin, meinen Ruf für zusätzliche Millionen zu ruinieren“, hatte beispielsweise der Nordire Rory McIlroy erklärt. So wie er denken viele Profis, auch Tiger Woods hat sich bereits klar positioniert: „Ich habe für mich entschieden, die PGA-Tour zu unterstützen, hier liegt mein Vermächtnis“, sagte er.
Woods wandelt längst in seinen eigenen Sphären und ist das, was das US Masters für seinen Sport ist: Viel größer als jede Konkurrenz.