Wenn der Mond die Erde rasiert

Megastrukturalisten sind mitnichten enthusiastische Anhänger einer postmodernen französischen Denkschule. Es handelt sich bloß um ein paar Nerds mit einer ausgeprägten Fantasie, die glauben, dass der Mond hohl sei. Kein Himmelskörper, sondern eine von außerirdischen Mächten gebaute Arche, die metallisch „klonk“ macht, wenn eine Raumfähre aufsetzt.

Gleich die ersten fünf Minuten von Roland Emmerichs jüngster Zerstörungsorgie „Moonfall“ (länger hält sich der schwäbische Effizienzfanatiker nicht mit Einleitungen auf) unterstützen diese irre Verschwörungstheorie. Bei einer Weltraummission attackiert ein amorpher Materieschwarm, der aus einem Mondkrater strömt, das Space Shuttle „Endeavor“. Nach dem Zwischenfall landet die Astronautin Jo Fowler (Halle Berry) einen Karrierejob bei der Nasa, während Brian Harper (Patrick Wilson), geplagt von Schuldgefühlen wegen des Todes des dritten Kollegen, erst seinen Job verliert, dann seine Frau und schließlich seine Wohnung.

Emmerich hat ein Herz für Nerds, selbst wenn es sich bei diesem Exemplar um einen Aluhutträger mit starkem Misstrauen gegenüber Regierungen handelt. KC Houseman (John Bradley) errechnet schneller als die Nasa, dass der Mond von seiner Umlaufbahn abgekommen ist und auf die Erde zu stürzen droht. Emmerich erfindet immer absurdere Szenarien, um ganze Städte den Naturgewalten zu opfern: immer monumental, schön übersichtlich und erzählerisch behäbig. Klassisches Blockbusterkino, in dem die Tsunamiwelle noch der Star ist – oder der Öltanker, der sich in einen Wolkenkratzer bohrt. Berry, Wilson und ihr komischer Sidekick Bradley sagen grandios beknackte Sätze auf und reißen Popkultur-Witze, die bei Emmerich natürlich medioker bleiben („Africa“ von Toto).

Der Zeremonienmeister der globalen Katastrophe empfahl sich mit Filmen wie „The Day after Tomorrow“ und „2012“ als Klima-Kassandra Hollywoods. Doch angesichts einer Endzeit-Farce wie „Don’t Look Up“ wirkt die Ironie in „Moonfall“ schon reichlich oldschool. Bei Emmerich ist Elon Musk noch ein Visionär, und die Politik hat ein ernsthaftes Interesse an der Weltrettung. „Moonfall“ (ab Donnerstag in den Kinos) nimmt seine Prämisse sogar noch zu ernst, selbst die Gaga-Verschwörungstheorie. Bei Emmerich lohnt es sich immerhin, nach oben zu gucken. Der glutrote Mond, der über den Rocky Mountains aufgeht (und die Berggipfel fast rasiert), ist ein Postkartenmotiv für das Weltende.