Unterwegs mit den Eisbären – ein Blog zu den Play-offs: „Das entscheidende Tor fiel genau zu dem Zeitpunkt, als ich den Block verlassen hatte. Unfassbar!“

Spencer Theile hat vor allem die Eisbären im Kopf. Wenn es nach Theile geht, endet seine Reise erst Ende April – mit dem elften Titel für die Eisbären. In den kommenden Wochen berichtet er von seinen Erlebnissen und Ausflügen mit dem deutschen Eishockeymeister in den Play-offs. Hier geht es los mit seinem Blog:

4 Sonntag, 23. bis Montag, 24. März: Nur wer verlieren kann, wird auch gewinnen.

Diesen Montagmorgen bin ich echt erschöpft. Ich war heute erst gegen Mitternacht wieder zu Hause, bin aber irgendwie doch einigermaßen glücklich. Tolle Fahrt gewesen gestern, typisches Eishockeyspiel, genauso wie ich es liebe, und das Ergebnis hat ja dann auch noch gestimmt. 

Der Weg dahin war doch aber sehr beschwerlich. Es ist die Nacht von Samstag auf Sonntag. Um 2.30 Uhr macht sich mein Handy bemerkbar. Ich werde abgeholt und wir fahren erst mal zu mir ins Bohnengold, den Club, den ich seit jetzt fast zehn Jahren in Kreuzberg betreibe. Schlafen konnte ich eh nicht richtig nach all den Emotionen am Freitag.

Wir vertreiben uns noch die Zeit bis zur gemeinsamen Abfahrt nach Straubing um 6 Uhr an der Bar.

Spencer Theile

Wir vertreiben uns noch die Zeit bis zur gemeinsamen Abfahrt nach Straubing um 6 Uhr an der Bar. Ablenkung tut wie immer gut. Die Fahrt ist relativ unspektakulär und ich nutze doch tatsächlich, aufgrund des Schlafdefizit einige Zeit um mal ein Auge zuzumachen. 

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Kurz vor Straubing halten wir dann noch mal an einem Parkplatz an. Wir treffen uns mit ganz vielen anderen Gleichgesinnten, um dann gemeinsam im Konvoi zur Eishalle am Pulverturm zu fahren. Super, sind echt einige Autos zusammengekommen und zwei große Reisebusse folgen dann später auch noch. Alle scheinen sich der Brisanz und Notwendigkeit dieses Spiels und auch dort unbedingt gewinnen zu müssen im Klaren zu sein.

Viel Spaß in Straubing. Spencer Theile.

© Theile

Die Stimmung bei uns im Auswärtsblock während des ganzen Spiels ist wieder sensationell. Alle haben richtig Bock und der Mob tobt. Letztendlich kommt es dann nach einigem Hin und Her auf dem Eis doch tatsächlich zur Verlängerung! Nicht schon wieder in Straubing, denke ich mir.

Manchmal gibt es ja Geschichten, die kann das Leben schöner nicht schreiben

Denn das hatten wir ja bereits in anderen Play-offs schon zweimal hier in Bayern. Im letzten Jahr sogar richtig lange. Ok, es ist Sonntag und damit auch genug Zeit! Im ersten Drittel der Verlängerung passiert gar nichts. Die Spannung ist kaum auszuhalten. Manchmal gibt es ja Geschichten, die kann das Leben schöner nicht schreiben. Ich hatte ja erwähnt, dass ich seit über 25 Jahren kein zweites Drittel schaue, da dies meistens immer Ergebnistechnisch für uns Eisbären einiges gebracht hat.

So natürlich auch am Sonntag in Straubing. Ich schaute ganz normal das zweite reguläre Drittel im Spiel nicht, war in der Fan-Gaststätte, ging dann wieder zurück in unser in die Kurve. Es kam wie schon berichtet zur Verlängerung. Als dann das zweite Drittel der Verlängerung anfangen sollte, also das insgesamt fünfte Drittel an dem Tag, war man doch gemeinschaftlich in der Kurve bei uns der Meinung, da dies ja auch ein zweites Drittel ist, dürfte ich dies aus den bekannten Gründen auf keinen Fall schauen.

Natürlich habe ich mich zum Wohl unserer Gemeinschaft geopfert, damit das Ganze nicht nach hinten losgehen kann. Und Peng, siehe da? Was ist passiert? Das entscheidende Tor fiel genau zu dem Zeitpunkt, als ich den Block verlassen hatte. Unfassbar! Nun steht es also 3 zu 1 in der Serie. 

Dienstag haben wir dann die Möglichkeit, den Sack zuzumachen. Natürlich reden auf der Rückfahrt wieder alle schon davon, welchen Gegner wir im Halbfinale bekommen könnten. Na ja, warten wir doch erstmal das nächste Heimspiel ab, ob wir da den vierten Sieg einfahren. Ich denke schon! Dies würde mir natürlich ehrlich gesagt sehr entgegenkommen. Denn dann wird es erst in einer Woche wieder weitergehen, und man hätte etwas mehr Zeit für andere Dinge. Wir werden sehen!

Nach dem Spiel ist vor dem Auflegen im Club. Spencer Theile hinter dem DJ-Pult.

© Theile

3 Freitag, 21. bis Samstag, 22. März: Nur wer verlieren kann, wird auch gewinnen.

Samstag 13:00 Uhr. Ich versuche gerade die letzten Stunden zu reflektieren. Irgendwie war das alles emotional ein bisschen viel. Gestern bin ich total euphorisch am späten Nachmittag gestartet. Zuerst natürlich wieder in den Fanbogen. Ich liebe da die Leute für ihre freiwillige Arbeit. Wer sich ehrenamtlich engagiert, weiß, dass die Kernarbeit immer an den gleichen Leuten hängen bleibt. Ich danke Euch dafür, meine Freunde! Ohne Euch wäre mein Leben ärmer!

Eigentlich reden am Freitag nur alle nur davon, dass wir bloß nicht am Sonntag in Straubing verlieren sollen. Keiner denkt auch nur ansatzweise daran, dass wir es heute eventuell zu Hause tun könnten.

Na, das ist uns ja hervorragend gelungen! So müssen wir halt Sonntag gewinnen. Denn nur wer auch im Leben verlieren kann, gewinnt! Oh, Gott, drei Euro ins Phrasenschwein! Es ist wirklich schwer für mich, nach so wenig Schlaf jetzt hier einige Zeilen zusammenzubekommen, da ich vom Kopf alleine nach dem Musik-Auflegen gestern Abend doch sehr leer bin.

Ich habe heute am Samstag noch so viel zu tun. So sind aber die Play-offs. Es ist ein Auf und Ab der Gefühle, und das liebe ich an diesem Sport. Was bedeutet schon ein Unentschieden? Die Party auf meinem Floor war gut heute Nacht. Andere Dinge dort nicht, aber da möchte ich jetzt nicht näher drauf eingehen.

Versöhnung. Straubings Maskottchen und Spencer.

© Theile

Viele glückliche Gesichter beim Tanzen. Fühlt sich an wie Therapie und hat das Ergebnis des Heimspiels für einige Zeit ausgeblendet. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich eh damit gerechnet, dass wir spätestens am Sonntag in Straubing verlieren. Also bleibt ja nur der Sieg morgen, denn wenn Straubing morgen gewinnt, wird es echt eng in der Serie.

So, alle auf nach Bayern mit frischen Kräften. Sonntagmorgen um 6 Uhr früh geht die Fahrt los. Ich werde Euch davon berichten, und dann auch wieder ausführlicher!

2 Mittwoch, 19. bis Donnerstag, 20. März: In Straubing werde ich auf meine Kritik im Tagesspiegel angesprochen. Eine sachliche Kommunikation tut gut.

Mittwoch früh um fünf werde ich das erste Mal wach. Mensch, hast du ja noch total viel Zeit zu schlafen, denke ich mir. Wir treffen uns ja erst mittags am S-Bahnhof Pankow, um zu acht nach Straubing zu fahren. Natürlich quäle ich mich noch einige Zeit und stehe dann wirklich kurz vor sechs auf, um erst mal alle Sachen zu erledigen, die ich arbeitstechnisch heute noch machen muss. 

Vor dem Gästeblock in Straubing.

© Theile

In den Play-offs bleibt halt nur wenig Zeit für das reguläre Tagesgeschäft, aber dazu später hier mehr. Irgendwann geht es dann auch los. Aufgrund des Streiks der BVG dreißig Minuten zu Fuß zur S-Bahn und dann mit einmal umsteigen über den Ring nach Pankow. Ich war ja über 20 Jahre nicht mehr in Pankow und siehe da, heute ist Tag des Gesundheitsamtes und vor dem Gesundheitsamt in Pankow gibt es einen Stand mit netten Damen, die mir doch tatsächlich einen Kühlschrankmagneten mit der Aufschrift „I love Pankow“ schenken. Na, wenn das kein toller Start in die Auswärtsfahrt ist!

Gegen 12.30 Uhr kommen wir dann endlich los. Wir mussten noch etwas warten, da einige von uns noch bis 12.00 Uhr auf der Arbeit waren. Ja, anders funktionieren die Play-offs halt nicht. Ich mache das genauso, dass ich meine Arbeitstermine nach dem Spielplan richte in dieser Zeit. Wie auch alles andere im Privatleben. Denn niemand weiß ja wirklich, wie lang der ganze Zirkus läuft.

Ich bin mal wieder der Älteste.

… stellt Spencer Theile im Fanbus fest

Wir sind eine echt coole Truppe heute im Kleinbus und mir fällt mal wieder auf, ich bin alt geworden, denn das Durchschnittsalter meiner Mitfahrenden liegt irgendwie unter 30. Ich bin mal wieder der Älteste, aber das finde ich eigentlich irgendwie gar nicht so schlimm, denn die anderen sind doch immer sehr interessiert und fragen mich oft, wie das früher so gewesen ist in Hohenschönhausen und wie es sich anfühlt, dass man während der Saison nur einige Male gewinnt und das Ganze dann nach der Vorrunde zu Ende geht.

Die Zeiten sind ja, nun mal von wenigen Ausnahmen ausgenommen, vorbei. Gut vorletztes Jahr gab’s keine Play-offs, aber das war auch verdient. Na ja, die Musik ist heute doch etwas gewöhnungsbedürftig. Die Jugend von heute halt! Gott sei Dank habe ich Kopfhörer dabei!

Pünktlich zum Spiel erreichen wir Straubing. Im Stadion werde ich doch tatsächlich auf meine letzten Zeilen im Tagesspiegel angesprochen. Genau darum geht es! Eine sachliche Kommunikation tut gut, und findet an dem Abend auch mehrfach in der Halle mit Straubingern statt. Vielen Dank dafür. Es tut sich also was in Straubing.

Und es gibt sie doch. Die tolle Fangaststätte in Straubing.

© Theile

Auch zum Therma Standort wurde hier zu meiner positiven Überraschung einiges getan. In zweiten Drittel, welches ich ja seit Jahrzenten nicht schaue, hatte ich genug Zeit, mal in der Eishalle rumzutigern. Dabei entdeckte ich aufgrund eines kleinen Schildes doch tatsächlich eine richtig tolle Fangaststätte und einen neu geschalteten Außenbereich mit Imbissständen, welche den Kram aus unserer Mehrzweckhalle vom Preis, Menge und Qualität um Längen hinter sich lassen. Naja, diesen Sieg gönne ich Euch von Herzen, liebes Straubing. Beim Spiel am Mittwoch lief es ja nun anders, nicht wahr?

Auf jeden Fall freue ich mich schon auf das nächste Spiel bei Euch am Sonntag, obwohl 26 Euro für einen Stehplatz schon echt viel sind. Aber wie ich sehe, ist dies ja aufgrund der positiven Entwicklungen in jeder Hinsicht gut angelegtes Geld. Donnerstagmorgen bin ich dann um kurz nach drei, trotz Sperrung der A100 und keiner BVG, wieder zu Hause.

Freitag ist aber nun erstmal das dritte Spiel in Berlin. Damit kommen wir dann jetzt auch wieder zum anfangs erwähnten Thema der Arbeitsplanung. Nach dem Spiel am 21. März lege ich noch als DJ vom Karrera Klub, übrigens das erste Mal überhaupt in meinem Leben, im Frannz Club im Prenzlauer Berg, auf. 

Am Freitag erst siegen, dann wird aufgelegt im Frannz Club. Um 0.30 Uhr ist Spencer am Start.

© Theile

Das war schon lange vereinbart bevor es die Spieltermine gab. Gut das ich da mein Set erst um 0.30 Uhr beginne, und somit alles hoffentlich passt. Es sei denn, es gibt etliche Verlängerungen in Spiel Nummer drei. Dann geht die Musik von mir wohl leider später los!

Auf geht es!

© imago/Matthias Koch/imago/Matthias Koch

1 Samstag, 15. bis Dienstag, 18. März: Nach dem ersten Sieg ist vor der ersten Fahrt.

Samstagabend fing bei mir die innere Unruhe schon an. Irgendwas war anders als sonst. Klar, am Sonntag ist das erste Heimspiel der Eisbären. Für mich fangen ja eigentlich die Play-offs immer erst auswärts an. Auswärts macht mehr Spaß. Also am Mittwoch in Straubing. Nach all den Jahren hätte ich gedacht, dass meine Gelassenheit zu Beginn der Play-offs mittlerweile schon gefestigt ist. Aber irgendwie ist das immer noch nicht so. Komisch.

Es ist Sonntag am Morgen, ich bin so aufgeregt wie bei einem ersten Date, wenn man frisch verliebt ist. Gestern Abend fing ich schon mit den Überlegungen an. Was hast du im letzten Jahr im Vorfeld alles gemacht, damit es mit der deutschen Meisterschaft klappt? Den Hoodie gewaschen? Irgendwie wächst in mir die Angst, dass ich etwas anders mache beziehungsweise vergessen habe, und dies nach all den ganzen Saisons.