Torhüter Till Klimpke zwischen Turniereuphorie und Corona-Schock

Andreas Wolff stand schon ein paar Minuten unruhig an der Seitenlinie. Immer wieder war er aufgesprungen, um die Paraden seines Torhüterkollegen Till Klimpke zu bejubeln, bevor er sich in der Schlussphase der Partie gar nicht mehr auf der Bank niederließ. Als der 34:29-Sieg der Deutschen am Sonntag gegen Österreich feststand, konnte Wolff den 23-Jährigen endlich in die Arme nehmen und gebührend zu seiner bemerkenswerten Leistung beglückwünschen.

„Er hat mir sehr viel geholfen. Das war überragend”, sagte Klimpke im Anschluss voll des Lobes für seinen Kompagnon. „Durch ihn sind heute ein paar mehr Paraden zustande gekommen.“ Stetig befanden sich die beiden während des Spiels im Austausch, Wolff gab Tipps und klopfte Klimpke motivierend auf die Schulter.

Andreas Wolff als unterstützender Part an der Seite? Das ist eine Rolle, die viele dem überaus ehrgeizigen 30-Jährigen so vor der Europameisterschaft vielleicht nicht zugetraut hätten. „Andi ist erwachsener geworden“, hatte Bundestrainer Alfred Gislason im Vorfeld erklärt und bereits im November mit dem etablierten Schlussmann besprochen, dass die ersten Minuten dieser Europameisterschaft nicht ihm, sondern Klimpke gehören würden, damit beide bestmöglich in das Turnier finden.

Und bisher geht der Plan auf. Nachdem Klimpke im ersten Spiel gegen Belarus kaum eine Hand an den Ball bekam, nahm Wolff dessen Platz ein und sorgte mit einigen Paraden für die Wende. Gegen Österreich war Klimpke dann wiederum von Beginn an da, wehrte insgesamt 35 Prozent der Würfe ab. „Das erste Spiel war gar nichts. Umso geiler ist es, dass wir das heute so gerockt haben“, sagte Klimpke, der sich nach Abpfiff vor Interviewanfragen kaum retten konnte.

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Freudestrahlend wanderte der gebürtige Gießener von einem Presseteam zum anderen und genoss die Aufmerksamkeit, während sich Andreas Wolff ganz seinem Naturell entsprechend bereits in die Kabine begeben hatte. Seit der Weltmeisterschaft vor einem Jahr sind Interviews mit ihm eine Rarität. Große Töne spuckt der Torhüter, der seit dem EM-Sieg 2016 zu den deutschen Leistungsträgern zählt, vor der Kamera keine mehr. Ganz anders sei sein Verhalten allerdings in den Reihen der Mannschaft. „Er ist unser Sprachrohr am Essenstisch und sorgt für heitere Stimmung“, berichtete beispielsweise Teamkollege Timo Kastening, während Klimpke den guten Austausch mit Wolff unterstreicht.

Beide kennen sich bereits aus ihren gemeinsamen Wetzlarer Zeiten, als Klimpke als junges Nachwuchstalent am professionellen Torwarttraining teilnahm und Wolff auf dem Weg war, sich einen Namen in der Handballwelt zu erspielen. Jetzt ist Klimpke dabei, ihm zu folgen. „Till hat eine gute Präsenz auf dem Feld, arbeitet gut und macht einen sehr fokussierten Eindruck“, sagte Torhütertrainer Matthias Andersson.

Hendrik Wagner war erst nachnominiert worden, nun muss er erst einmal isoliert bleiben.Foto: dpa

Gegen Österreich wurde die gute Leistung mit Sprechchören der deutschen Fans belohnt. Besonders, als die teils lückenhafte Defensive wenig Unterstützung bot und der DHB-Auswahl wie schon gegen Belarus zu Beginn des Spiels wenig gelingen wollte. „Da haben wir noch sehr viel Steigerungspotenzial”, sagt Klimpke, der dennoch optimistisch auf die bevorstehende Partie gegen Polen (18 Uhr/ZDF) blickt.

Dabei ist noch nicht sicher, ob bei den bisher ungeschlagenen Polen einige der zuvor infizierten Spieler zur Mannschaft zurückkehren können. Deutschland musste derweil neue Ausfälle hinnehmen. Der gerade erst nachnominierte Hendrik Wagner wurde positiv getestet und kann nicht als Ersatz für den ebenfalls an Corona erkrankten Julius Kühn in den Kader aufrücken. 

Am Montagabend fielen zudem Kai Häfner, Timo Kastening, Lukas Mertens, Luca Witzke und Andreas Wolff bei der PCR-Testung positiv auf und mussten isoliert werden. Ob noch rechtzeitig Spieler aus dem 35er-Kader nachnominiert werden können, ist fraglich.

Insofern wird – auch ohne die Unterstützung seines starken Partners – wieder eine überzeugende Leistung von Till Klimpke im Tor gefragt sein, wenn die deutsche Mannschaft sich trotz der Unruhen noch den Gruppensieg sichern und mit zwei Punkten in die Hauptrunde einziehen möchte.