Tigerkönigin gegen Streamingriesen
Wilder, tiefer, tödlicher. Das sind die Versprechen, die Netflix im Trailer für die Doku-Serie „Tiger King 2“ macht. „Tiger King“ war während der ersten Phase der Pandemie ein Riesenhit. Wohl keine Show hat mehr Memes und ungläubige Online-Kommentare produziert, als die Serie über den exzentrischen Tiger-Afficionado Joe Exotic aus Florida und seine zahlreichen Gegenspieler:innen – allen voran die Tierschützerin Carole Baskin, die gern in Tiger-Looks von Kopf bis Fuß herumläuft. Die Serie endete damit, dass Joe Exotic zu 22 Jahren Haft verurteilt wurde, weil er Baskin umbringen lassen wollte.
Im Trailer für die zweite Staffel spricht Exotic aus dem Gefängnis heraus. Baskin hingegen hat Netflix und die Produktionsfirma Royal Goode Productions verklagt – sie will kein Teil der Show mehr sein. Der Rechtsstreit gegen Netflix macht auch ein moralisches Dilemma für die Zuschauer:innen deutlich, das sich besonders bei Shows im True-Crime-Genre stellt: Wie legitim ist es eigentlich, sich am Leid anderer zu ergötzen?
Eigentlich sollte es um Tierschutz gehen
Die Filmemacher hätten ihnen vorgegaukelt, dass es in der Serie um Tierschutz gehen soll, so Baskin und ihr Ehemann. Stattdessen war eine Storyline, dass Baskin ihren ersten Mann ermordet und an Tiger verfüttert haben soll. Als „unfair“ und „bösartig“ beschreibt Baskins Anwalt diese Darstellung in Gerichtsdokumenten, die unter anderem der „Los Angeles Times“ vorliegen. In der unterschriebenen Einwilligungsvereinbarung sei von einer Fortsetzung außerdem nie eine Rede gewesen. Die Baskins fordern daher, dass Netflix jegliches Filmmaterial von ihnen aus „Tiger King 2“ entfernt.
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Fast könnte man denken, die Klage sei Teil der Marketingkampagne. Es lässt sich leicht vergessen, dass es sich bei den Protagonist:innen um echte Menschen handelt. Und haben sie den Spott nicht verdient, wenn sie freiwillig bei diesem Trash mitmachen? Wie bei Realityshows: Wer dort als Bösewicht dargestellt wird, ist selbst Schuld. Das ist eben der Preis des Ruhms. Aber was, wenn die Protagonist:innen gar nicht mitmachen wollen?
Das Gericht lehnte eine einstweilige Verfügung ab
Einen ersten Kampf hat Baskin bereits verloren. Stunden nach ihrem Eilantrag auf eine einstweilige Verfügung gegen Netflix und Royal Goode Productions lehnte ein Gericht in Florida das ab. „Während das Gericht die Frustration der Baskins versteht, scheint es nicht so zu sein, dass die Einbeziehung von Filmmaterial der Baskins unmittelbaren Schaden verursacht, der nicht mit Schadensersatz ausgeglichen werden kann“, so die Begründung laut „Los Angeles Times“. Der Gerichtsstreit darüber, ob Netflix generell Bild- und Tonmaterial von Carole Baskin für die Fortsetzung verwenden darf, geht aber weiter.
Den Trailer für „Tiger King 2“ hat Netflix mit der Loser-Hymne „Maybe this time“ aus dem Musical „Cabaret“ unterlegt. „Maybe this time I’ll win“, schmettert Liza Minelli mit verzweifeltem Pathos. Dass Baskin ihren Kampf gegen den Riesen gewinnen kann, ist wohl wenig wahrscheinlich, Millionen Menschen werden sich ab dem 17. November über die Loser amüsieren können. Ein bisschen erinnert die Situation an einen anderen großen Netflix-Hit: „Squid Game“.