Special Olympics World Games in Berlin: „Eine Sichtbarkeit schaffen, die sonst nicht da ist“

Die Zahlen, die Sven Albrecht und Tom Hauthal präsentieren, sind beachtlich: 414 der mehr als 7.000 Athlet:innen entsendet Deutschland, sie sind in 25 von 26 Sportarten vertreten und kommen aus 15 der 16 deutschen Bundesländer.

Es handelt sich um das größte inklusive Sportevent der Welt, das im kommenden Jahr sogar in Berlin stattfinden wird und trotzdem weitestgehend unbekannt ist: die Special Olympics World Games. Am Montag nominierte Special Olympics Deutschland (SOD) gemeinsam mit dem offiziellen Ausstatter Adidas die Sportler:innen, die von 17. bis 25. Juni 2023 für Deutschland antreten.

Eine der Fragen, die Albrecht und Hauthal von Special Olympics Deutschland (SOD) oft gestellt bekommen: Ist das nicht das Gleiche wie Paralympics? Während die deutlich bekannteren Paralympics sich an Athlet:innen mit körperlicher Behinderung richten, treten bei den Special Olympics Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung an.

Sven Albrecht, geschäftsführender Vorstand des SOD und für die World Games verantwortlich, will diese Frage nach 2023 nicht mehr gestellt bekommen. „Wir möchten die Special Olympics nicht nur während der neun Tage Wettbewerb bekannt machen, sondern sie als Impuls zur Inklusion nutzen“, sagt er. „Es geht darum, eine Sichtbarkeit zu schaffen, die sonst nicht da ist.“

Die deutschen Kraftsportler:innen sind sehr erfolgreich: Kai Krüger gewann bereits mehrfach Gold.
Die deutschen Kraftsportler:innen sind sehr erfolgreich: Kai Krüger gewann bereits mehrfach Gold.
© SOD / Michael Romacker

Denn zu allen beeindruckenden Zahlen hat Albrecht auch noch eine ernüchternde: „Nur acht Prozent der Menschen mit geistigen Behinderung haben einen Zugang zu Sport.“ Der wird in den meisten Fällen nicht in Sportvereinen, sondern nur von Behinderteneinrichtungen angeboten. Mithilfe von Kooperationen will der SOD mehr Inklusion im Breitensport schaffen.

Inklusionseffekt über die World Games hinaus

Unter anderem arbeitet der SOD mit über 200 Kommunen in Deutschland zusammen, die in den Tagen vor den World Games die Sportler:innen aus aller Welt bei sich beherbergen. „Dafür mussten sie sich mit inklusiven Projekten bewerben, die auch über die Spiele hinauswirken“, erklärt Albrecht. Zum Beispiel in den örtlichen Sportvereinen.

Bei den Special Olympics treten außerdem nicht nur Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung an, sondern auch sogenannte „Unified Partners“. Das sind Sportler:innen ohne Beeinträchtigung, die nach gleichem Leistungsniveau ausgewählt werden und in einer eigenen Wettkampfkategorie im Paar mit den Special Olympics-Athlet:innen antreten, zum Beispiel im Beachvolleyball oder im Tischtennis.

8

Prozent der Menschen mit geistiger Behinderung haben einen Zugang zu Sport.

Vincent Grüneberg hat über seinen Arbeitgeber, die Behindertenwerkstatt Berlin (BWB), die Möglichkeit, Fußball zu spielen. Und das äußerst erfolgreich: Mehrere Male wurde er mit seiner Mannschaft bereits deutscher Meister, bei den World Games 2015 in Los Angeles verpassten sie nur knapp das Treppchen.

Diesmal will Mannschaftskapitän Grüneberg die Goldmedaille. „Und ich hoffe, diese Erfolge werden auch hinausgetragen. Bei den Paralympics oder der Fußball-WM geht das ja auch, warum also nicht bei uns?“ Auch die deutschen Kraftsportler:innen, Radfahrer:innen und Tischtennisspieler:innen sind international erfolgreich.

So oder so wird es für Grüneberg aber ein unglaubliches Erlebnis, im Olympiastadion aufzulaufen. Und das, obwohl der gebürtige Berliner kein Hertha-, sondern Dortmund-Fan ist.

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