Solidarität mit queeren Athlet*innen bei der Sport Pride
Als Christian Rudolph und seine Kolleg*innen der deutschen Nationalmannschaft im Juni vorschlugen, beim Freundschaftsspiel gegen Lettland die Regenbogen-Armbinde zu tragen, ahnten sie nicht, welche Folgen die Idee haben würde.
Damals trug Teamkapitän Manuel Neuer sie zum ersten Mal, seit der Europameisterschaft ist sie kaum mehr wegzudenken: Bei ausnahmslos jedem EM-Spiel lief Neuer mit den Farben der Pride Flagge auf, was mitunter reichlich Diskussionen auslöste, sodass zwischenzeitlich sogar die Uefa ermittelte.
Dass Neuer die Binde auch während der EM tragen würde, habe er damals nicht geahnt, erzählt Rudolph vom Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverband (LSVD). „Die Nationalelf entschied sich dazu, weil die EM mit dem Pride Monat zusammenfiel. Uns hat das überrascht, damit haben wir nicht gerechnet.“
Positive Entwicklungen
Auch über die Armbinde hinaus beobachtet Rudolph seit einigen Monate positive Entwicklungen innerhalb des deutschen Fußballs: Zu Beginn des Jahres sicherten etliche Profifußballer*innen im Rahmen der 11-Freunde Aktion „Ihr könnt auf uns zählen“ queeren Spieler*innen ihre Unterstützung zu und bekundeten Solidarität.
Wenig später trugen über 100 queere Personen mit der Kampagne #Kickout dazu bei, das Thema Coming Out zu enttabuisieren. „Und jetzt während der EM engagieren sich total viele Stimmen aus dem Sport und der Zivilgesellschaft für das Thema“, sagt Rudolph, „das ist großartig. Beim Spiel gegen Ungarn war der Höhepunkt, aber am Samstag wollen wir noch eins draufsetzen.“
Uefa lehnte Antrag auf Regenbogenfarben schon vor Wochen ab
Am Samstag findet nämlich die Sport Pride statt, eine Veranstaltung, bei der online Solidarität mit queeren Sportler*innen gefragt ist. Jede*r kann mitmachen und pünktlich zum 26. Juni eine Botschaft mit dem Hashtag #Sportpride 2021 posten. Rudolph, der zu den Mit-Initiatoren gehört, betont: „Damit wollen wir Farbe und Solidarität zeigen und die Aktion der 11 Freunde fortsetzen.“
Thematisch passend gibt es einige Veranstaltungen, zum Beispiel findet am 8. Juli eine Podiumsdiskussion zur WM-Vergabe nach Katar statt.
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Rudolph bedauert es, dass die Uefa verboten hat, das Stadion in München in den Regenbogenfarben anzustrahlen. Das sei eine „herbe Enttäuschung“. Er und seine Kolleg*innen hatten bereits vor sechs Wochen einen Antrag gestellt, um am 26. Juni pünktlich zur Pride alle Stadien in den Regenbogenfarben erleuchten lassen zu lassen. Der wurde jedoch abgelehnt.
Auch Thomas Hitzlsperger berichtete im “Kicker”, dass der DFB bereits im Mai eine entsprechende Anfrage an die Uefa gestellt und angeboten habe, die Arena in München an einem spielfreien Tag zu beleuchten. Die Uefa habe auch diesen Antrag abgelehnt mit dem Verweis auf die Kurzfristigkeit der Anfrage.
Ebenso erfolglos war eine aktuelle Petition auf change.org, die dazu aufrief, die Arena in München in den Regenbogenfarben zu beleuchten, um beim Spiel gegen Ungarn ein Zeichen gegen die homo- und transfeindliche Politik Orbáns zu setzen. Die Petition wurde innerhalb von sechs Tagen von über 300.000 Menschen unterzeichnet. Rudolph zufolge wollten weder die Uefa noch der DFB die Unterschriften vor Ort persönlich entgegennehmen.
„Wir haben uns sehr geärgert, dass weder unser Antrag noch die Petition erfolgreich waren“, sagt Rudolph, „und wir fühlen uns nicht ernst genommen, vor allem jetzt, wo die Uefa fast zeitgleich ihr Logo mit den Regenbogenfarben unterlegt hat. Da fehlen einem die Worte.“
“Wir müssen unsere Stimmen erheben”
Umso mehr freut er sich über den Zuspruch, den die Sport Pride bisher erfährt. Und zwar nicht nur aus der Fußballwelt, wie Rudolph betont, sondern der gesamten Sportwelt. „Es ist wichtig, dass auch mal andere Sportarten in den Fokus rücken, denn nicht nur im Fußball gibt es Probleme, sondern auch woanders. Dort fehlt allerdings der Diskurs.“
Bisher sicherten unter anderem der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der DFB und die Deutsche Eishockey Liga ihre Unterstützung zu. Auch einige Berliner Sportvereine und -verbände sind dabei, zum Beispiel Hertha BSC, die Eisbären, der Landessportbund Berlin, die Eisbären und die BR Volleys.
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“Es ist unabdingbar, für Werte wie Vielfalt und Toleranz einzustehen, solange es Ungerechtigkeit und Vorurteile in unserer Gesellschaft gibt”, erklärt Volleys-Spieler Cody Kessel, “wir müssen weiterhin unsere Stimme erheben und gegen ungerechte Systeme kämpfen, die über Jahrhunderte aufgebaut wurden.” Dann bräuchte es irgendwann auch keine Coming Outs wie das des NFL-Profis Carl Nassib.
Auch Christian Rudolph hofft, dass es nicht bei einem Lippenbekenntnis bleibt, sondern auch zukünftig Haltung gezeigt werde, wenn es darauf ankommt. „Strukturell muss sich einiges ändern.“ Zum Beispiel bräuchte es Ansprechpersonen für queere Sportler*innen und Schutzräume in den Stadien. „Nur so können diskriminierende Strukturen abgebaut werden.“