So gut ist der Wien-„Tatort“: Wehe, wenn der Elektriker kommt

Feueralarm im Seniorenheim „Laetitia“. Der ehemalige Haustechniker Filipovic liegt plötzlich ertrunken in der Badewanne. Was zunächst nach verletzter Aufsichtspflicht aussieht, entpuppt sich als Arbeit für die Wiener Ermittler: „Tatort: Der Elektriker“ (Sonntag, ARD, 20:15 Uhr).

Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) tauchen in ihrem drittletzten Fall tief ein in die Geheimnisse von Heimbewohnern und Personal.

Verdächtige gibt’s genug. Tochter Linda, Besitzerin einer veganen Bäckerei mit Geldsorgen, eine Sexarbeiterin, zu der Filipovic Kontakt hatte, Pfleger Horst Windisch, der diesen in seinem Rollstuhl zuletzt ins Badezimmer schob, bevor der Feueralarm losging.

Oder auch dessen Kollegin Patricia, Fußpfleger Ivica, mit dem sich Filipovic zuletzt gestritten hat, und die elegante Mitbewohnerin Anna, die seltsam geheimnisvoll tut.

Moritz, du isst gerade den Horst.

Meret Schande (Christina Scherrer) zu ihrem Kollegen Eisner. Beide stellen in einem 3D-Architekturmodell die „Tatort“-Szenerie im Altersheim nach, mit chinesischen Glückskeksen als verdächtigen Bewohnern, als Moritz einen dieser Kekse isst.

Auf den ersten Blick mal keine Haupt- und Staatsaktion im Wiener „Tatort“, bei dem es sonst ja meistens um die ganz großen Dinge geht (Verschwörung, Russland, Mafia, Spionage).

Wobei es zum Ende hin eine Kurve dorthin bekommt, mit einer Verbindung von der Seniorenresidenz, auch dem ehemaligen Elektriker Filipovic, zu den Gräueln des Jugoslawienkriegs aus den 1990er Jahren (Buch: Roland Hablesreiter und Petra Ladinigg). Thema: späte Sühne.

Nebenbei sinnieren Fellner und Eisner noch über Vergänglichkeit und das Älterwerden. Der Oberstleutnant sieht im Heim seine alte Liebe Sandra (Martina Spitzer) wieder, die jetzt im Rollstuhl sitzt. Man trifft sich im Leben halt doch oft zweimal…

Ein durchschnittlicher Wiener „Tatort“, trotz des grundtraurigen Themas – Pflegenotstand – eher in Dur denn in Moll. Regisseur Harald Sicheritz legt diesen Krimi fast als Kammerspiel an, was Fellner und Eisner etwas entspannter daher kommen lässt.

Im Gedächtnis bleiben der offenkundige Notstand im Pflegebereich, auch in Österreich, die Angst (der Männer vor allem) vor dem körperlichen Verfall und die Frage, ob es wirklich immer unvermeidlich ist, ältere und kranke Angehörige ins Heim abzuschieben, wenn man mit der Pflege überfordert ist.

Und das Gefühl, dass man den Wiener Ermittlern Neuhauser und Krassnitzer, denen man seit 2011 so gern bei der Arbeit zu sieht, vielleicht doch bald die „Tatort“-Rente gönnt. Ende 2026 ist Schluss.