Sechs-Meter-Turm am Anhalter Bahnhof: Berliner Exilmuseum wird als Infosäule sichtbar

Neben der Portalruine am Anhalter Bahnhof in Kreuzberg steht eine neue, mit Planen bespannte Holzkonstruktion. Die sechs Meter hohe Infosäule der Stiftung Exilmuseum Berlin wird diesen Freitag, 21. Juli, eingeweiht und informiert über das Museum, das dort 2026/27 eröffnen soll.

Die Idee dahinter: Das als „Informationsturm“ angekündigte, dreidimensionale Baustellenschild soll schon vor dem Baustart auf das Projekt aufmerksam machen und für Unterstützung werben.

Auf den Planen zu sehen sind auch schon Visualisierungen der dänischen Architektin Dorte Mandrup. Ihr Büro gewann 2020 den internationalen Architekturwettbewerb. “Ihr Entwurf legt sich in sanftem Schwung gleichsam schützend um die Portalruine, hält aber respektvollen Abstand zu ihr”, heißt es in der Mitteilung der Stiftung, die sich seit 2018 dafür einsetzt, am Anhalter Bahnhof ein Exilmuseum zu gründen. Schirmherren sind die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck.

Etwa 20 Millionen Euro konnten für das Projekt schon eingeworben werden, teilt ein Sprecher der Stiftung auf Nachfrage mit. Die Stiftung sammle weiterhin Gelder, um das Museum zu realisieren. Geschätzt wurden die Kosten bisher auf 60 Millionen. Die Baugrundlage sei inzwischen geschaffen, denn Ende 2022 habe die Stiftung den Erbbaurechtsvertrag mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg notariell bekundet.

Respekt vor der Ruine. Mandrups Entwurf für das Exilmuseum.
Respekt vor der Ruine. Mandrups Entwurf für das Exilmuseum.
© MIR

Der Standort spielt für den Museumsbau eine zentrale Rolle, weil von diesem zentralen Bahnhof zwischen 1933 und 1945 unzählige, von den Nazis Verfolgte mit dem Zug flüchteten. Mit individuellen Exilbiografien aus dieser Zeit sowie der Gegenwart sollen im Museum Fragen wie Demokratie, Menschen- und Freiheitsrechte verhandelt und – mit den Worten Herta Müllers – der „Inhalt des Wortes Exil begreifbar“ gemacht werden.

Das künftige Museum umfasse 3800 Quadratmeter Nutzfläche, inklusive Räumen für Veranstaltungen, Museumscafé und Büros. 600 Quadratmeter seien für die Kultur- und Freizeitnutzung durch den Bezirk vorgesehen sowie Funktionsräume für den benachbarten Sportplatz.

Die Infosäule macht das Museumsvorhaben vor Ort sichtbar.
Die Infosäule macht das Museumsvorhaben vor Ort sichtbar.
© sans-serif

Eingeweiht werden soll die Infosäule am 21. Juli um 16 Uhr vom Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Regierenden Bürgermeister, Michael Müller, Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann sowie dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, André Schmitz.

Er lädt dazu ein, „aktiv an der Museumsgestaltung mitzuwirken und das Projekt mit Spenden zu unterstützen“. Bezirksbürgermeisterin Herrmann freut sich, das Projekt auf dem Weg zur Realisierung zu begleiten. „Kolonialismus, Flucht und Migration – die Menschen in unserem Bezirk tragen die vielfältigsten Geschichten und wir haben es uns zum Ziel gesetzt, diese wertzuschätzen und sichtbar zu machen“, sagt sie. Das Exilmuseum trage dazu bei, die Geschichten der Exilant:innen zu bewahren und zu erzählen.

Seit März 2023 können Interessierte bereits den Interimsstandort des Museums, die “Werkstatt Exilmuseum”, in der Fasanenstraße 24 besuchen. Das Mitmach-Labor zu Fragen rund um das Exil – damals wie heute – ist donnerstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet.

Zeitgleich verkündete die Stiftung Exilmuseum, dass sich ab Juli auch etliche personelle Änderungen ergeben. Der Initiator des Projekts, Bernd Schultz, scheidet aus Altersgründen Ende Juni aus dem Stiftungsvorstand aus. Auch Ruth Ur verlässt den Vorstand.

Als neue Vorstandsmitglieder werden Kader Konuk, Professorin für türkische Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und die Kunsthistorikerin und Stiftungsmanagerin Heike Catherina Mertens berufen.

Mertens war zuvor Mitglied des Vorstandes der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und leitete als Geschäftsführerin von 2018 bis 2022 die Villa Aurora und das Thomas Mann House in Los Angeles, beide Einrichtungen halten die Erinnerung an während der NS-Diktatur im kalifornischen Exil lebende Künstler:innen wach. Eine weitere Neuerung: Nach dem Tod des Gründungsdirektors Christoph Stölzl im Januar dieses Jahres wird Kuratorin Cornelia Vossen mit der künstlerischen Leitung betraut.


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  • Warnung vor Giftködern auf der Hundewiese am Kino Kosmos
  • Nachbarschaftsinitiative sammelt Spenden für von Verdrängung bedrohten Späti „Quicky Markt“ am Görlitzer Bahnhof
  • Müllflut in Parks: Friedrichshain-Kreuzberg will Verpackungssteuer für Berlin
  • Ehemalige WC-Anlage am Viktoriapark zur künstlerischen Nutzung ausgeschrieben
  • Petition: Anwohner wollen Stadtnatur erhalten und Kita-Neubau verhindern
  • Kundgebung zum „Internationalen Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende“ am Kottbusser Tor
  • 61 neue Baumscheiben in der Rigaer Straße gepflanzt
  • Bier für Orang-Utan-Schutz im Brauhaus Südstern
  • Kiezkamera: Entsiegelung im Graefekiez gestartet