Konzeptförderung für Bühnen: Das Geld auf dem Papier

Geld hat die unangenehme Eigenschaft, nie auszureichen. Das werden die meisten aus privater Erfahrung bestätigen können, es zeigt sich aber immer wieder auch, wenn es um die Kultur in Berlin geht. Zum Beispiel bei der sogenannten Konzeptförderung. Die nennt Senator Klaus Lederer mit Recht „eins der wichtigsten Instrumente des Landes Berlin, wenn es um den Erhalt privatrechtlich organisierter Theater und Gruppen geht“.

Die Konzeptförderung wird für jeweils vier Jahre vergeben und verspricht Planungssicherheit. Sowie, noch wichtiger: nicht wenig Geld. Häuser wie die Neuköllner Oper, das Ballhaus Naunynstraße, die Sophiensäle oder das Theater Strahl werden aus diesem Topf ebenso gefördert, wie die Compagnie der Choreographin Constanza Macras oder das Theater Thikwa.

Es geht um die Erhaltung privat organisierter Theater und Gruppen.

Klaus Lederer, Kultursenator

Als Klaus Lederer sein Amt als Kultursenator angetreten hat, standen für die Konzeptförderung rund 6 Millionen Euro zur Verfügung. Heute sind es mehr als 14,5 Millionen. Die Fachjury, die jetzt mit einem Gutachten zur Neuvergabe der Konzeptförderung für die Jahre 2024 bis 2027 beauftragt war, stellt allerdings fest: angemessen wären exakt 20.256.222,21 Millionen Euro. Ein erfreulich konkreter Vorschlag. Den allerdings die Sachverständigen selbst als Wunschdenken bezeichnen.

In der Vergangenheit haben solche Gutachten schon zu kleinen bis mittleren Proteststürmen geführt. Naturgemäß bei denen, die nicht weiter gefördert werden sollten. Einen solchen Fall gibt es diesmal nicht. Die Theaterkritikerin Ute Büsing (die seit 2009 wieder und wieder in diese Fachjury berufen wird), Sabine Gehm (Leiterin des Festivals TANZ Bremen) sowie der künstlerische Leiter der Schaubude Tim Sandweg empfehlen, die 15 bislang konzeptgeförderten Häuser und Gruppen weiter zu bedenken (von A wie Atze bis V wie Vagantenbühne).

Und ihnen insgesamt rund 2,1 Millionen Euro an Aufwüchsen zuzubilligen – vornehmlich für gestiegene Mieten sowie angemessene Honorar- und Gehaltserhöhungen. Wobei zu bedenken ist, dass all die Häuser und Gruppen zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung (Januar 2022) noch nichts vom russischen Angriffskriege in der Ukraine und den explodierenden Energie- und Materialkosten wissen konnten. Was zur Erkenntnis zurückführt: Das Geld reicht einfach nie.

Das Duo Anna-and-Saleh im Chamäleon Theater.
Das Duo Anna-and-Saleh im Chamäleon Theater.
© Kalle Nio/Chamaeleon berlin

Zusätzlich empfehlen die Sachverständigen, das Chamäleon Varieté und das English Theatre Berlin ab 2024 in die Konzeptförderung aufzunehmen (mit zusammen 1,1 Millionen Euro). Was in beiden Fällen Sinn ergibt. Das Chamäleon arbeitet erfolgreich daran, den Neuen Zirkus als spannendes Performance-Genre zu etablieren.

Das English Theatre – das vor Jahren sogar mal aus der weit niedriger angesetzten Basisförderung geflogen ist und in die Krise zu rutschen drohte – hat sich in der Leitung des US-Amerikaners Daniel Brunet längst wieder als verlässlich guter Ort für die Produktionen von englischsprachigen Künstler:innen aller Couleur etabliert. Fraglos hätten beide Häuser die Konzeptförderung verdient.

Das Problem ist nur: Wir befinden uns in Berlin. Bekanntlich steht eine Wiederholungswahl mit ungewissem Ausgang vor der Tür. Ebenso im Ungewissen liegt – was auch Klaus Lederer auf der Pressekonferenz im Podewil betonte, bei der das Gutachten zur Neuvergabe der Konzeptförderung vorgestellt wurde – wann und mit welchem Ausgang die Beratungen über den nächsten Doppelhaushalt stattfinden.

Im Angesicht von so vielen Variablen sind auch die schönsten Empfehlungen einer Fachjury erstmal nur Papier. Und eine weitere unangenehme Eigenschaft des Geldes wird sichtbar: Es nützt erst dann was, wenn man es hat.

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