Kai Wissmann ist der heimliche Star der Eisbären
Die Stimmung in der Kabine der Eisbären soll nach dem mühevollen 5:4 gegen die Straubing Tigers am Dienstagabend so gar nicht zum Ergebnis gepasst haben. Trainer Serge Aubin sagte: „Ich habe eine sehr ehrliche Gruppe, in der Kabine hat niemand gelacht.“ Immerhin habe seine Mannschaft nie aufgegeben und am Ende drei Punkte gewonnen, auch wenn das nach dem hektischen Spielverlauf und einer schlechten Anfangsphase lange kaum abzusehen war.
Auch Kai Wissmann, 25 Jahre alt, wirkte hinterher angestrengt. Die ersten Minuten in der Kabine direkt nach der Schlusssirene hatte der Verteidiger zwar verpasst, weil er als Schütze des entscheidenden Treffers noch beim Interview Rede und Antwort gestanden hatte. Einige Minuten später sagte er: „Wenn man mal die letzten beiden Spiele nimmt, dann muss man sagen, dass das Spiel in Wolfsburg besser war, obwohl wir dort verloren haben.“ Mit 4:5 nach Verlängerung. In Niedersachsen hatten die Eisbären stets geführt, mussten sich am Ende aber mit einem Punkt begnügen.
Der gebürtige Schwarzwälder konnte sich ein Lächeln aber nicht verkneifen, als er auf sein Tor angesprochen wurde. Den ersten Versuch konnte der Straubinger Keeper Tomi Karhunen noch abwehren, doch der Puck kam zurück zu Wissmann, der die Scheibe geschickt abschirmte und erneut abzog. Von der Stockhand des Gästetorwarts landete der Puck am Rücken des Verteidigers Ian Scheid und rutschte ins Tor. Wissmann war als Matchwinner dieses Abends auserkoren. Dabei steht diese Szene symbolisch für die bisherige Saison Wissmanns.
Mit seinem dritten Treffer ist er bereits nach 17 Spielen torgefährlicher als in seinen bisherigen DEL-Spielzeiten zuvor. Im Oktober 2014 feierte er sein Debüt für die Eisbären gegen die Düsseldorfer EG, bestritt 291 Partien für die Berliner. Seit dem Dienstagabend weist seine Scorerbilanz in der höchsten deutschen Eishockey-Spielklasse nun also fünf Treffer und 63 Vorbereitungen auf.
“Irgendwann platzt der Knoten einfach”
„Ich denke, ich hatte in der Vergangenheit auch schon Chancen, aber häufiger mal den Pfosten getroffen und kein Glück. Jetzt hatte ich bei zwei von drei Toren Glück, dass der Schuss abgefälscht wurde“, gab sich Wissmann unmittelbar nach dem Spiel gewohnt bescheiden. Wenige Tage zuvor hatte er dem Tagesspiegel auf eine ähnliche Frage bereits geantwortet: „Manchmal ist es einfach so, dass der Knoten irgendwann platzt. Ich gehe ein Spiel aber nicht grundsätzlich anders an als zuvor.“
Seinem Trainer wäre das auch gar nicht so recht. An Torgefahr mangelt es bei den Eisbären in dieser Saison gewiss nicht. Aubin schätzt Wissmann gerade für seine Unaufgeregtheit. Dass er systemtreu seine Aufgaben erfüllt. Der Kanadier sagt: „Er ist zu einem wirklich guten Spieler gereift. Er hilft uns mit seinem einfachen, aber sehr effektiven Spiel.“ Bei der Plus-Minus-Statistik, die für einen Feldspieler die Differenz von Toren und Gegentoren angibt, die gefallen sind, während er auf dem Eis war, steht Wissmann bei zwölf.
Kein Verteidiger in der Liga weist einen besseren Wert auf. Teamintern rangiert er mit Leo Pföderl auf Platz zwei hinter Blaine Byron, der wegen einer Hüftverletzung wohl nicht nur das Heimspiel gegen Krefeld am Donnerstag (19.30 Uhr), sondern auch die Partie am Sonntag in Ingolstadt (17 Uhr) verpassen wird.
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Obwohl Kai Wissmann mit seinen 1,94 Meter Körpergröße kaum zu übersehen ist, geht er in der öffentlichen Wahrnehmung mit seiner ordentlichen Bilanz nach wie vor unter. Das zeigt sich auch daran, dass er nicht für den Deutschland Cup in der kommenden Woche nominiert wurde. Bundestrainer Toni Söderholm setzt bei der Sichtung für die Olympischen Spiele im Februar auf andere Verteidigertypen.
Dass sich Wissmann nun häufiger offensiv einbringt, könnte man auch als einen Versuch interpretieren, endlich anders wahrgenommen zu werden. Als ein facettenreicher Abwehrspieler, der neben der soliden Arbeit vor dem eigenen Tor auch stürmende Akzente setzen kann. Die Eisbären profitieren wie am Dienstagabend bereits von diesem Wandel. Auch wenn ihnen zunächst nicht nach Feiern zumute war.