John Higgins ist fit für den Marathon

Wer Snooker nicht permanent verfolgt und John Higgins seit der letzten WM nicht mehr hat spielen sehen, wird sich am Dienstag verwundert die Augen gerieben haben. Der 46 Jahre alte Schotte hat mächtig abgespeckt und seit dem vergangenen April in nur sieben Monaten mehr als 20 Kilo Gewicht verloren. Vor allem, weil er in Sheffield unbedingt noch einmal um den Titel mitspielen will, wie er vor seinem Auftaktmatch gegen den Thailänder Thepchaiya Un-Nooh erzählte.

„Ich wollte mir selbst die größtmögliche Chance im Crucible geben“, sagte Higgins und erinnerte an seinen letzten Auftritt bei der WM vor einem Jahr: „Es ist sehr eng auf den Sitzen, im Vorjahr noch mehr mit der Glasscheibe dazwischen. Das war wirklich kein Platz zum Wohlfühlen und dieses Gefühl wollte ich einfach nicht wieder haben.“

Inzwischen sind die Trennscheiben verschwunden, auch die Tribünen sind nach dem Ende aller Corona-Auflagen wieder bei allen Sessions komplett gefüllt. Und dazu wuselt auch Higgins wieder wie in seinen besten Zeiten um den Snookertisch. Dafür hat er seine Ernährung umgestellt und zudem verzichtet zudem komplett auf Alkohol. Auch der Ausgleichssport spielt nun eine große Rolle für ihn.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Während andere Spieler wie zum Beispiel Ronnie O’Sullivan das Laufen für sich entdeckt haben, tritt Higgins beim Spinning auf dem Heimtrainer drei bis viermal pro Woche kräftig in die Pedale. Mit dem Ergebnis, dass er so fit zur WM gereist ist wie lange nicht.

Viermal hat Higgins in seiner Karriere den Titel in Sheffield gewinnen können, vier weitere Male stand er im Finale – zuletzt dreimal in Folge zwischen 2017 und 2019. Auch in dieser Saison spielte er erfolgreich, Platz sechs in der Weltrangliste macht das deutlich. Ein kleines sportliches Trauma schleppt der Vater dreier Kinder allerdings weiter mit sich herum, denn von sechs Endspielen in dieser Saison verlor er fünf.

„Natürlich ist es das Ziel, die Trophäe am Ende hochzuhalten“, sagte Higgins. Die Klasse dafür hat er in jedem Falle weiterhin, dazu kommt die Erfahrung, sich auch in langen Distanzen durchbeißen zu können. „Die Weltmeisterschaft ist ein Marathon. Es macht Spaß, aber es kann manchmal auch zu viel werden, weil du dauerhaft gefordert bist“, sagte er.

Higgins wurde vor 24 Jahren erstmals Weltmeister

1998 wurde Higgins erstmals Weltmeister, dazu holte er 2007, 2009 und 2011 den Titel. Sollte er sich am 2. Mai zum fünften Mal zum Champion krönen können, hätte er als erster Spieler in vier verschiedenen Dekaden triumphiert. „Das wäre schon etwas Besonderes und könnte ein Rekord sein, der niemals mehr gebrochen wird“, sagte Higgins und machte damit klar, dass ihm solche Dinge durchaus wichtig sind.

So offen wie diese WM ist, darf er sich in jedem Falle Hoffnungen machen. Favoriten gibt es auf dem Papier viele, Higgins hält den Kreis allerdings für überschaubarer als so mancher Experte: „Es wird einer der Topjungs sein, der am Ende Weltmeister wird. Einfach wegen der langen Distanzen in den Matches.“

Für die fühlt sich John Higgins nun auch körperlich wieder gerüstet und damit das so bleibt, wird sich in Sheffield auch irgendwo ein Spinning-Bike für ihn auftreiben lassen.