Proteste gegen Lars Windhorst: Hertha BSC spielt 1:1 gegen die TSG Hoffenheim
Die Begegnung zwischen Hertha BSC und der TSG Hoffenheim hatte noch gar nicht angefangen, da zeigte sich schon, dass diesmal auch jemand mitspielen würde, der gar nicht auf dem Feld stand. Lars Windhorst, der Investor des Berliner Fußball-Bundesligisten.
Aus den Boxen des Olympiastadions tönte die Hymne von Frank Zander, Schals wurden in die Höhe gereckt – und in der Ostkurve über drei Reihen hinweg ein Transparent präsentiert: „Schmutzkampagnen, Detektive und Millionen / … werden es nicht beenden, / Hertha BSC bleibt fest in unseren Händen.“ Kurz darauf legten die Anhänger von Hertha BSC nach: „Windhorst raus aus unserem Verein“, war da zu lesen.
Nach Wochen und Monaten, in denen es rund um Hertha BSC verdächtig ruhig war, herrscht beim Berliner Fußball-Bundesligisten nun wieder größtmöglicher Wirbel. Die Mannschaft scheint das nur am Rande zu tangieren. „Wir konzentrieren uns auf unseren Job“, sagte Kapitän Marvin Plattenhardt. „Alles andere dürfen wir nicht an uns ranlassen.“
Der Auftritt am Sonntagnachmittag zeigte, dass die Berliner Spieler dazu in der Lage sind. Zwar wartet Herthas Mannschaft unter dem neuen Trainer Sandro Schwarz immer noch auf den ersten Heimsieg in dieser Saison. Gegen die TSG Hoffenheim, aktuell in der Tabelle der Bundesliga weit oben zu finden, reichte es nach einer ansprechenden Leistung immerhin zu einem 1:1 (1:1). „Den einen Punkt nehmen wir mit“, sagte Plattenhardt. „Besser als nichts.“
Das Heimspiel gegen die TSG war von Hertha zum Nachhaltigkeitsspieltag ausgerufen worden. In Wirklichkeit stand der Spieltag im Zeichen von Lars Windhorst, nachdem unter der Woche bekannt geworden war, dass Herthas Investor eine Wirtschaftsdetektei aus Israel beauftragt haben soll, um Werner Gegenbauer, den damaligen Präsidenten des Klubs, aus dem Amt zu drängen. Windhorst bestreitet diese Vorwürfe, aber die Beweise gegen ihn sind erdrückend.
Bekannt geworden war die Angelegenheit nur, weil Windhorsts Unternehmen Tennor offenbar seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen war. Die Detektei Shibumi Strategy reichte daraufhin in Tel Aviv Klage gegen Tennor ein. Dadurch war – obwohl beide Seiten bei Vertragsabschluss strengste Vertraulichkeit vereinbart hatten – sowohl der Vertrag als auch Shibumis Abschlussbericht eine Zeitlang einsehbar. Inzwischen ist die Klage zurückgezogen worden.
Zu den Akten gelegt aber ist die Sache noch lange nicht. Nicht für den Verein, der Windhorst zu einer Stellungnahme aufgefordert hat. Und auch nicht für die Fans. Beim Spiel gegen die Hoffenheimer verteilte der „Förderkreis Ostkurve“ Flugblätter, die sich mit dem Skandal beschäftigte. Er habe das Potenzial, „alles Bisherige in den Schatten zu stellen“, hieß es da.
Windhorsts Vorgehen stelle einen eklatanten Bruch sämtlicher Werte von Hertha BSC dar und habe dem Verein in kaum zu glaubender Weise geschadet. Die Ostkurve wirft Windhorst vor, seine eigene Machtgier ohne Rücksicht auf Verluste über das Wohl des Vereins gestellt zu haben: „Wir alle sind gefordert uns von diesen Umtrieben von Lars Windhorst entschlossen entgegen zu stellen. Er schadet mit seinem Vorgehen unserem Verein. Er schreckt vor nichts zurück. Dazu dürfen wir nicht schweigen.“
Auf dem Feld präsentiert sich Hertha derzeit stabiler als abseits des Rasens. „Es ist ja logisch, dass es jeder mitbekommt“, sagte Trainer Schwarz. „Dennoch war es kein Thema in der Kabine. Und ich hatte nicht den Eindruck, dass es die Jungs beschäftigt hat.
Tatsächlich begann seine Mannschaft, bei der Suat Serdar den erkrankten Jean-Paul Boetius ersetzte, durchaus forsch. Ein Qualitätsunterschied zum Tabellenvierten Hoffenheim war über weite Strecken nicht zu erkennen.
Hertha hatte vor 41.653 Zuschauern anfangs sogar die besseren Chancen. Wilfried Kanga, wie immer sehr fleißig, setzte sich gegen Kevin Vogt durch, verfehlte mit seinem Abschluss aber das Tor. Kurz darauf hatte auch Dodi Lukebakio nach einem Einwurf die Gelegenheit zur Führung. Er brachte allerdings nicht genügend Druck hinter seinen Schuss, so dass Hoffenheims Torhüter Oliver Baumann keine Mühe hatte.
Die Hoffenheimer kamen ab Mitte der ersten Hälfte besser ins Spiel. Herthas Trainer Schwarz fand sein Team in dieser Phase „ein Stück weit zu passiv“. Folgerichtig hatten die Gäste durch Andrej Kramaric und Munas Dabbur erste Gelegenheiten, ehe Kramaric in seinem 200. Bundesligaspiel die 1:0-Führung erzielte.
Ein bisschen Glück war auch dabei, weil der verunglückte Torschuss von Ozan Kabak zur perfekten Vorlage für den Hoffenheimer Stürmer wurde. Oliver Christensen im Tor der Berliner hatte keine Abwehrchance.
Hertha brauchte eine Weile, um sich auf die veränderte Situation einzustellen, schaffte aber noch vor der Pause den Ausgleich. Nach einem Einwurf der Hoffenheimer setzte Suat Serdar Angelino so unter Druck, dass der den Ball unkontrolliert zu Chidera Ejuke spielte. Der Nigerianer bediente Lukebakio, der mit einem überlegten Schlenzer das 1:1 erzielte.
Unmittelbar vor der Pause hatte Hertha noch einmal großes Glück. Nach einem Schuss von Kramaric sprang der Ball von der Unterkante der Latte ins Feld zurück, den anschließenden Kopfball von Grischa Prömel wehrte Christensen mit einem grandiosen Reflex ab.
Nach der Pause brachte Trainer Schwarz den Uruguayer Agustin Rogel, der damit sein Bundesligadebüt feierte. Er ersetzte den angeschlagenen Filip Uremovic in Herthas Viererkette. „Der Einstand war sehr zufriedenstellend“, sagte Schwarz über den Innenverteidiger. „Er hat es sehr gut gemacht, war sehr wachsam, sehr mutig.“
Defensiv hatte Hertha die Angelegenheit weitgehend unter Kontrolle, offensiv sprang angesichts der latenten Überlegenheit nach der Pause zu wenig heraus. Ejuke, Lukebakio und der eingewechselte Davie Selke hatten noch Gelegenheiten zum 2:1, letztlich aber waren die Chancen nicht zwingend genug. „Hoffenheim hätte in der ersten Halbzeit auch ein paar Tore mehr machen können“, sagte Torhüter Christensen. „Deshalb ist das 1:1 okay.“
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