Ilkay Gündogan überragt bei deutschen Fußballern: Ein Leader, ohne laut zu sein
Es war gar nicht so einfach, am Samstagabend den einen Spieler zu bestimmen, der beim 3:1-Sieg über die USA in einer guten deutschen Mannschaft die beste Leistung auf dem Platz gezeigt hatte. Wobei einer dann doch herausstach: Ilkay Gündogan. Der Kapitän der DFB-Fußballer erzielte den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich und strahlte auch sonst eine große Präsenz und Ballsicherheit aus. „Ilkay hat ein überragendes Spiel gemacht. Er hat jeden Ball gewollt, auch defensiv, sehr, sehr gut“, sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann.
Gündogan bildete mit Pascal Groß eine extrem spielstarke Doppelsechs, die zusammen den Ausfall des erkrankten Joshua Kimmich schnell vergessen machten. Gegen die USA brauchten beide etwas Anlauf, um sich auf die schnellen gegnerischen Angreifer einzustellen, überzeugten schließlich aber mit einer überragenden Passquote von knapp 100 Prozent. Groß, der im Verein bei Brighton & Hove Albion schon seit Monaten mit guten Auftritten glänzt, gewann zudem alle seine Zweikämpfe und gab der deutschen Mannschaft damit spätestens in Halbzeit zwei die nötige Sicherheit.
Der unangefochtene Leader war aber Gündogan, ohne dass er dafür hätte laut werden müssen. Der 32-Jährige vom FC Barcelona ist wie kaum jemand sonst in der Lage, seine Mitspieler in Szene zu setzen und sie insgesamt besser zu machen. Nagelsmann bezeichnete ihn später als Anführer auf dem Platz. „Ilkay ist ein Beobachter, der sehr viel wahrnimmt und kanalisiert, keiner, der vor der Mannschaft spricht oder dauernd in der Kabine rumschreit. Er macht das sehr subtil, intelligent“, so Nagelsmann.
Füllkrug zwischen Startschwierigkeiten und Rekordquote
Letztlich profitierte von Gündogans Leistung auch Niclas Füllkrug, der seinen achten Treffer erzielte. Acht Tore in den ersten zehn Spielen für den DFB hat in den letzten 45 Jahren sonst nur der wegen eines Unterarmbruchs fehlende Bayern-Profi Serge Gnabry geschafft. Füllkrug war in Halbzeit eins zunächst mehr über den Flügel gekommen und dadurch etwas unauffällig geblieben. Nach dem Seitenwechsel und der neuen Positionierung als Neuner wurde der Angreifer von Borussia Dortmund dann zunehmend gefährlicher.
Am umtriebigsten in der vordersten Kette war aber Jamal Musiala, der sich ständig anbot, den Ball forderte und stetig Duelle im eins gegen eins suchte. Folgerichtig erzielte er auch das 3:1 für Deutschland. Der 20-Jährige war eins von mehreren Beispielen für die Spielfreude und Leidenschaft, die Nagelsmann auf deutscher Seite zurückgebracht hatte.
Ilkay ist ein Beobachter, der sehr viel wahrnimmt und kanalisiert, keiner, der vor der Mannschaft spricht oder dauernd in der Kabine rumschreit. Er macht das sehr subtil, intelligent.
Julian Nagelsmann über seinen Kapitän Ilkay Gündogan
Neben den vielen positiven Aspekten taten sich allerdings erneut alte Probleme auf. Zwar stimmte die Kommunikation innerhalb der Abwehrkette mit Robin Gosens, Antonio Rüdiger, Mats Hummels und Jonathan Tah wie es Nagelsmann vor dem Spiel eingefordert hatte, das Tempo ließ aber zu wünschen übrig. Zudem kam es im Mittelfeld immer wieder zu unnötigen Ballverlusten in gefährlichen Räumen und somit zu aussichtsreichen Umschaltaktionen des US-Teams.
Dass es am Ende trotzdem für den deutschen Auswärtssieg reichte, lag an taktischen Anpassungen und der höheren individuellen Klasse im deutschen Team. „Der Schlüssel ist unser Ballbesitz. Da haben wir in der ersten Halbzeit noch ein paar mehr fahrlässige Ballverluste gehabt, wo der Gegner gar nicht unbedingt Druck gemacht hat“, bilanzierte Hummels. „In der zweiten Halbzeit waren wir wesentlich ballsicherer und haben ihnen diese Kontersituationen nicht gegeben.“
Mit Blick auf das Duell mit Mexiko in der Nacht auf Mittwoch darf sich die deutsche Elf ähnlich wenige Aussetzer erlauben. Der Sieger des Concacaf Gold Cup ist seit sechs Spielen ungeschlagen und als Weltranglisten-Zwölfter zumindest auf dem Papier Favorit gegen Deutschland (Weltranglisten-15.).
Gegen das mexikanische Team werden die richtige Einstellung und Einsatzbereitschaft des DFB-Teams noch wichtiger sein. Möglicherweise könnte der Leverkusener Robert Andrich als zweikampfstarker Sechser sogar zu seinem Debüt im Trikot der Nationalmannschaft kommen. Nicht umsonst bezeichnete Nagelsmann ihn mehrmals als aggressiven Spielertyp, den das deutsche Team sonst nicht habe. Zuallererst geht es dem neuen Bundestrainer gegen Mexiko aber um den nächsten Schritt in der Entwicklung, wobei er schon einmal klarstellte: „Wir wollen natürlich auch dort gewinnen.“