Hertha BSC verliert 0:1 in Mönchengladbach
Nach einer Viertelstunde erschien auf den Anzeigetafeln im Mönchengladbacher Borussia-Park die Grafik, mit der ein Tor der Heimmannschaft angekündigt wird. Aber es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, da war sie auch schon wieder verschwunden. Der Ball, den offenbar schon jemand im Tor von Hertha BSC gesehen hatte, hatte Borussias Stürmer Marcus Thuram aus kürzester Distanz am Tor vorbeigelenkt.
Das vermeintlich Unvermeidliche war also noch einmal aufgeschoben. In Mönchengladbach hat Hertha in jüngerer Vergangenheit nur selten Erfolge feiern können. Auch am Freitagabend sah es auf den ersten Blick so aus wie fast immer. Für den Berliner Fußball-Bundesligisten setzte es die obligatorische Niederlage. 0:1 (0:1) hieß es am Ende. Aber das Zustandekommen war aus Hertha-Sicht durchaus unglücklich. Und an der Haltung des Teams nicht das Geringste auszusetzen. „Ich fühle mich heute nicht wie ein Verlierer“, sagte Innenverteidiger Marc Kempf.
Herthas Trainer Sandro Schwarz hatte dieselbe Anfangsformation aufgeboten wie vor einer Woche beim 1:1 gegen Eintracht Frankfurt. Kapitän Marvin Plattenhardt stand wie erwartet wegen seiner Adduktorenprobleme nicht zur Verfügung. Jean-Paul Boetius, ein möglicher Startelfkandidat, blieb erneut zunächst auf der Bank. Dort saß erstmals seit seiner Hodenkrebserkrankung auch Marco Richter.
Auch sonst knüpften die Berliner an ihren zumindest phasenweise verheißungsvollen Auftritt aus der Vorwoche an. Die Gladbacher hatten zwar, wie zu erwarten war, ein deutliches Übergewicht an Ballbesitz, aber Hertha war griffig und keineswegs hoffnungslos unterlegen. Beide Teams lieferten sich ein aufregendes Duell mit hoher Intensität und vielen Torgelegenheiten – auf beiden Seiten. „Es war noch mal ein Schritt nach vorne“, sagte Trainer Schwarz über die Leistung seiner Mannschaft.
Das Spiel war ohne größeren Vorlauf sofort auf Betriebstemperatur. Schon nach zwei Minuten musste Oliver Christensen nach einem langen Pass weit vor seinem Tor mit dem Kopf klären. Als es Jonas Hofmann im Nachschuss aus großer Distanz versuchte, war Herthas Torhüter schon wieder auf seinem Posten.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Auf der Bank saß als Christensens Vertreter erneut der erst 19 Jahre alte Tjark Ernst. Ob das so bleiben wird, ist noch nicht sicher – Hertha denkt über die Verpflichtung eines weiteren Torhüters nach. Sicher ist aber, dass der Vertrag mit der bisherigen Nummer zwei Rune Jarstein aufgelöst werden soll. Das bestätigte Sportgeschäftsführer Fredi Bobic vor dem Spiel bei Dazn. „Da gibt es kein Zurück mehr“, sagte er. „Wir haben jetzt ein bisschen Ruhe einkehren lassen. Wir unterhalten uns wie vernünftige Menschen und wollen versuchen, dass es am Ende des Tages sauber auseinandergeht.“
Christensen hatte im Verlauf des Spiels einiges zu tun – und schon früh Glück, als ein Schuss von Alassane Plea an den Pfosten knallte. Aber auch die Gäste kamen immer wieder zu guten Gelegenheiten, vor allem durch ihre drei Offensivspieler Dodi Lukebakio, Wilfried Kanga und Chidera Ejuke, die der Gladbacher Verteidigung einige Mühe bereiteten.
Lukebakio, erneut sehr eifrig, traf früh das Außennetz, scheiterte einmal aus aussichtsreicher Position an Gladbachs Torhüter Yann Sommer – und vergab unmittelbar vor der Pause die große Gelegenheit sein zweites Saisontor zu erzielen. Nachdem er sich gut gegen Nico Elvedi durchgesetzt hatte, schoss er aus 14 Metern unbedrängt und mit seinem starken linken Fuß über das Tor.
Noch ein Elfmeter, doch Christensen hält
Ein Treffer in dieser Szene wäre der Ausgleich für Hertha zum 1:1 gewesen, weil die Gladbacher zehn Minuten vor der Pause durch einen von Plea verwandelten Handelfmeter in Führung gegangen waren. Maximilian Mittelstädt hatte eine Flanke von Nationalspieler Jonas Hofmann mit dem Arm geblockt. Zu diesem Zeitpunkt war die Führung keineswegs unverdient.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit aber änderte sich das. Hertha attackierte früh, setzte die Gladbacher gehörig unter Druck und eroberte dadurch viele Bälle. Schwarz, der als Trainer noch nie gegen Borussia Mönchengladbach gewonnen hat, brachte zudem schon früh mit Boetius einen Spieler, der griffig und giftig ist.
Kurz darauf übten sich die Fans aus Berlin und Mönchengladbach in seltener Einmütigkeit. „Scheiß DFB!“, rief Herthas Anhang, „Scheiß DFB!“, entgegneten die Borussenfans. Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck stand an der Seitenlinie und schaute auf den dort angebrachten Monitor. Nach Ansicht der TV-Bilder verhängte er einen zweiten Handelfmeter für die Gladbacher. Jonas Hofmann scheiterte zwar an Christensen, doch Jöllenbecks zeigte Filip Uremovic für sein Handspiel die Gelbe Karte, und da es seine zweite war, spielte Hertha für die verbleibenden 20 Minuten in Unterzahl.
Das machte die Sache nicht einfacher. Und trotzdem steckte Hertha nicht auf. Die Mannschaft kämpfte bis zum Schluss um den Ausgleich und hatte unmittelbar vor dem Anpfiff durch den eingewechselten Kevin-Prince Boateng noch eine gute Chance. Am zweiten Pfosten rutschte er nur knapp am Ball vorbei.
So jubelten am Ende die Gladbacher, die durch diesen Erfolg zumindest eine Nacht an der Tabellenspitze verbringen dürfen. Hertha hingegen wartet weiterhin auf den ersten Sieg der Saison. Ein Punkt nach drei Spielen ist nicht das, was man sich erhofft hatte. Aber es ist immerhin einer mehr als nach drei Spielen vor einem Jahr.