Die Comicfigur Hägar wird 50: Ein Wikinger mit Weltweisheit
Ein guter Witz funktioniert auch in zwei Bildern bestens. „Was gibt’s zum Abendessen?“, fragt Hägar der Schreckliche seine matronenhafte Gattin Helga auf dem ersten Bild. Zeitgleich faucht sie zurück: „Geh raus in meinen Gemüsegarten und schau, ob Du was findest, worauf Du Lust hast!“ Auf Bild zwei dann tippt er Helga zaghaft von hinten an – er hat ihr ein totes Kaninchen aus dem Gemüsegarten mitgebracht.
Klar, alles etwas rau und etwas flach, wie so viele Hägar-Witze. Aber Millionen Menschen in aller Welt lachen. Viele lesen die meist sehr kurzen Geschichten in ihrer Tageszeitung.
Die Comicfigur Hägar der Schreckliche hat an diesem Sonnabend ihr 50. Dienstjubiläum. Am 4. Februar 1973 tauchte der gemütliche Rotbart erstmals auf den Humorseiten US-amerikanischer Tageszeitungen auf.
Vom Werbegrafiker zum Comiczeichner
Erfunden hat ihn der US-Cartoonist Dik Browne (1917-1989). Als „wohl erfolgreichstes Comic-Debüt der Geschichte“ erschien Hägar laut dem Verlag Ehapa Egmont bis heute in rund 60 Ländern und mehr als einem Dutzend Sprachen.
Das erste deutschsprachige Album mit den Strips wurde 1975 veröffentlicht. Vermutlich traf die karge Welt des Nordmannes den Zeitgeist der Ölkrise. In Westdeutschland herrschte sowieso Euphorie für alles Skandinavische. Der erste Ikea hatte gerade 1974 eröffnet.
Auch wenn der Zeichenstil dieser Comics etwas holzschnittartig wirkt, so sollte man Brownes Künste nicht unterschätzen. Er hatte vorher als Gerichtszeichner und in der Werbung gearbeitet.
Hägar bleibt in der Familie
Sein bekanntestes Design ist das Markenlogo der Chiquita-Banane. Browne zeichnete eine Figur, die halb Frau, halb Banane war. Heute ist es eine Dame mit Bananenhut und in den USA ein Gegenstand von Rassismus-Debatten.
Dik Browne starb 1989. Danach zeichnete sein Sohn Chris weiter. Aus gesundheitlichen Gründen gab auch er im Jahr 2018 Stift und Hörnerhelm an ein neues Team ab, das die Geschichten fortführt.
Hägar blieb sich treu. Anders als die kindlichen Helden von Comics wie „Peanuts“ oder „Calvin und Hobbes“ hat der Wikinger sein Leben nicht mehr völlig vor sich. Er versprüht auch keine echte Neugier oder große Lebensfreude. Oft hebt er melancholisch den Bierhumpen.
Dafür ist er gelassen und gewitzt. Seine kurzen Dialoge mit Ehefrau Helga, mit seinem unterbelichteten Kumpel Sven Glückspilz oder seiner Tochter Honi – deren blitzende Rüstung einem Bustier ähnelt – zeugen von Lebenserfahrung und einer Mich-kann-nichts-mehr-schocken-Haltung.
Bin ich glücklich? Bin ich im richtigen Beruf?
Der Norweger verbringt sein Leben nicht nur damit, ständig in England und Frankreich einzufallen. Vor allem philosophiert er darüber, was die meisten Menschen bewegt, die ihn jeden Morgen in der Zeitung sehen: Bin ich glücklich? Bin ich im richtigen Beruf? Wie steht es um meine Ehe? Wann entscheiden sich meine Kinder endlich mal für etwas? Dreh- und Angelpunkt seiner Weltanschauung ist oft der Kneipentresen.
So viel unterscheidet die mittelalterliche Sippe mit Hörner-Helmen also gar nicht von unserem Umfeld. Nun, vielleicht doch. Zum Beispiel bei den Wehwehchen: Da kommt Hägar in einem Comic-Strip erfolglos von der Praxis seines Arztes zurück. „Die Schwester sagte, er wäre im Urlaub.“ Helga dazu: „Na, großartig. Was gedenkst Du zu tun, bis er wieder zurück ist?“. Hägar: „Sie schlug vor, auf dem Bauch zu schlafen.“ Tief in Hägars Rücken stecken drei Pfeile. (dpa)
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