Hertha BSC stürzt ins Bodenlose: Die Berliner sind nach dem 2:5 bei Schalke Tabellenletzter
Sandro Schwarz musste sich erst einmal hinsetzen. Erst 13 Minuten waren gespielt, da schien es, als wären dem Trainer von Hertha BSC die Beine weggezogen worden. Der FC Schalke 04, Tabellenletzter der Fußball-Bundesliga, war gegen die Berliner, den Vorletzten, gerade mit 2:0 in Führung gegangen. So wie der Trainer fühlte auch der ganze Verein und dessen Fans.
Die Lage für Hertha hat sich am Freitagabend dramatisch zugespitzt. 2:5 (1:2) hieß es am Ende aus Sicht der Berliner – und mehr denn je droht dem Klub nun der Sturz ins Bodenlose. Durch die Niederlage in Gelsenkirchen sind die Berliner sechs Spieltage vor Schluss am Ende der Tabelle angekommen, erstmals seit dem dritten Spieltag der Vorsaison.
„Jeder wird uns jetzt abschreiben“, sagte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber. „Das war ein Schlag in die Fresse.“ Es könnte nun richtig ungemütlich werden. Erstmals in dieser Saison verabschiedeten die bisher erstaunlich langmütigen Fans die Mannschaft mit Pfiffen.
Für Trainer Schwarz wird es jetzt eng
Ein solches Debakel war nicht zu erwarten. In 27 Spielen hatten die Schalker 21 Tore erzielt – nun gelangen ihnen in einer Partie gleich fünf. Unter gütiger Mithilfe der Gäste, die alle fünf Treffer durch individuelle Fehler begünstigten und es auch sonst nicht allzu genau mit der Defensivarbeit nahmen.
Die heftige Niederlage könnte auch für Sandro Schwarz, der erst seit Saisonbeginn im Amt ist, Konsequenzen haben. Es sei legitim, wenn nach einer solchen Darbietung auch der Trainer in Frage gestellt werde, sagte er. „Ich bin Realist genug, um zu wissen, dass der Sportdirektor sich darüber Gedanken macht.“
Für das Spiel in Gelsenkirchen hatte er Marco Richter wieder von Anfang an aufgeboten. Außerdem beantwortete Herthas Trainer die Frage „Kanga oder Ngankam?“ mit: Stevan Jovetic. Es war der Versuch, der Wucht der Schalker mehr fußballerische Qualität entgegenzusetzen. Aber Hertha kam zunächst gar nicht dazu, diese Qualität auszuspielen – weil die Gastgeber schon nach zweieinhalb Minuten in Führung gingen. Durch Wucht.
Tim Skarke, von Herthas Lokalrivale Union ausgeliehen, wurschtelte sich mit dem Ball durch die Reihen der Herthaner und versuchte es dann mit einem Schuss von der Strafraumlinie. Der Ball prallte an die Unterkante der Latte und von dort ins Tor. Torhüter Oliver Christensen schaute machtlos hinterher.
Schlechter hätte es für Hertha in dieser eminent wichtigen Partie nicht anfangen können, trotzdem wirkte die Mannschaft nach dem Rückstand zunächst erstaunlich unbeeindruckt. Es waren – im Gegenteil – die Schalker, die nun verstärkt ins Schwimmen gerieten.
Das Schalker Spiel war simpel, aber effektiv
Auch Torhüter Ralf Fährmann, zuletzt eine Stütze des Teams, war nicht frei von Fehlern. Nachdem er eine Flanke unterlaufen hatte, kam Jovetic am zweiten Pfosten frei zum Kopfball. Der Ball streifte den Außenpfosten.
Das Spiel der Schalker war vergleichsweise simpel angelegt. Entweder sie versuchten es sofort mit hohen Bällen auf Mittelstürmer Simon Terodde oder sie nahmen den Umweg über die Außenbahn und flankten von dort. So wie in der 13. Minute, als Skarke die rechte Seite entlangspurtete, den Ball an den zweiten Pfosten flankte, wo Marius Bülter, ein weiterer früherer Union-Spieler, völlig freistehend zum 2:0 einnicken konnte.
Anders als zuletzt gegen Hoffenheim, als Hertha der nervlichen Belastung nicht gewachsen war und zu schnell in sich zusammenfiel, hielt das Team von Trainer Schwarz diesmal den Kopf oben. Jovetic hatte die nächste gute Chance, als er den Ball aus 15 Metern präzise ins lange Eck platzierte. Doch Fährmann streckte sich, erwischte den Ball mit den Fingerspitzen und lenkte ihn an den Pfosten.
Umso dramatischer war es für die Schalker, dass Fährmann zehn Minuten vor der Pause verletzt ausgewechselt werden musste. Für ihn kam Alexander Schwolow. Ausgerechnet. Der Torhüter ist von Hertha ausgeliehen, war zu Saisonbeginn Schalkes Nummer eins, musste seinen Platz dann allerdings nach eher überschaubaren Leistungen für den Routinier Fährmann räumen. „Jetzt geht’s los!“, riefen die Hertha-Fans bei Schwolows Einwechslung.
Dass Hertha mit nur einem Tor Rückstand in die Pause ging, lag allerdings nicht an Schalkes neuem Torhüter, sondern daran, dass Jovetic in der Nachspielzeit völlig freistehend mit einem platzierten Schuss zum 1:2 traf.
Den psychologischen Vorteil aber büßten die Berliner gleich nach der Pause wieder ein. Innenverteidiger Marton Dardai ließ sich an der Seitenlinie vom eingewechselten Kenan Karaman übertölpeln, dessen Hereingabe verwertete Terodde zum 3:1. Diesmal war es sogar noch ein bisschen schneller gegangen als beim 1:0 in der ersten Halbzeit.
Schwarz, der schon Mitte der ersten Hälfte Tolga Cigerci vom Feld genommen hatte, reagierte, brachte gleich nach dem 1:3 Jessic Ngankam und stellte auf Viererkette um. Wenig später kam mit Wilfried Kanga ein weiterer Stürmer.
Hertha mühte sich, Hertha machte Druck. Aber das Tor von Marco Richter sechs Minuten vor Schluss war letztlich nicht mehr von Belang. Weil Marius Bülter zuvor schon zum 4:1 getroffen hatte – und Marcin Kaminski mit einem direkt verwandelten Freistoß unmittelbar danach den 5:2-Endstand erzielte.